Produktmanagement im Technologiesektor – Tipps zu den Themen Produktmanagement und Innovation. Von Andreas Rudolph
Eine der ersten Fragen auf dem Weg hin zu einer „Innovationsstrategie“ ist die Frage, welche neue Technologien gerade entstehen, und als wie marktreif sich diese Technologien darstellen.
Den (jährlichen) „Emerging Technologies Hype-Cycle„, der von der Firma Gartner herausgegeben wird, gibt es nun schon eine ganze Zeit, und die dort aufgezeigten Einschätzungen erweisen sich bei näherem Hinsehen als realitätsnah.
Es lohnt sich also, einen Blick auf dieses Werkzeug zu werfen.
Die Links zu den hier zitierten Links finden sich am Ende dieses Artikels. Beginnen möchte ich mit dem Artikel „Gartner’s 2014 Hype Cycle for Emerging Technologies Maps the Journey to Digital Business„, und einigen grundsätzlichen Betrachtungen.
Die oben erwähnte Pressemitteilung kündigt den letzten verfügbaren Hype Cycle an (es ist bereits der 20ste Trendbericht). Wenn der Zyklus beibehalten wird, könnte die diesjährige Version in der nächsten Zeit erscheinen, ist jedoch aktuell noch nicht verfügbar.
Der Zyklus in diesem Jahr (und in den anderen Jahren) trägt hierbei auf der horizontalen Achse den zeitlichen Verlauf der Entwicklung auf, und auf der vertikalen Achse die Erwartungen, die mit einer Technologie verbunden sind.
In zeitlicher Hinsicht erkennt man größere Phasen, in denen sich die Technologien entwickeln. So fangen neue Technologien auf der linken Seite der Grafik an („Aufkommen der Technologie„) bis sie auf der rechten Seite den Bereich der produktiven Anwendung erreichten.
Der Kurvenverlauf kommt einem auch intuitiv gesehen bekannt vor. So werden vielen neuen Technologien in ihren jungen Jahren wahre Wunderdinge zugeschrieben, und die Erwartungen an die Technologie steigen rapide an.
Irgendwann tritt die Technologie dann in die Phase der Ernüchterung ein, weil man erkennt, daß die neue Technologie doch nicht alle Probleme lösen kann. Zu diesem Zeitpunkt sinken die Erwartungen daran rapide.
Am Tiefpunkt angekommen stoßen irgendwann die Leute auf die Technologie, die beginnen hiermit echte Probleme zu lösen, und das Interesse nimmt irgendwann wieder zu, bis man am Ende allgemein verstanden hat, wie man die neue Technologie produktiv einsetzen kann – bis sie sich etabliert.
Viele der dort für 2014 erwähnten Themen kennt man bereits aus der Fachpresse, und auch die ungefähre Lage im Zyklus ist durchaus plausibel.
Eine Technologie am Wendepunkt zwischen Hype und Ernüchterung ist wohl derzeit das „Internet der Dinge„, wobei ich eher der Meinung bin, daß es in diesem großen Themenkomplex Bereiche gibt, die schon wesentlich näher an der Praxis sind (z.B. Industrie 4.0), als andere Teilbereiche.
Das Thema „Cloud Computing“ ist demnach wohl derzeit tief im Bereich der „Ernüchterung“ angekommen, oder vielleicht befindet es sich aktuell auch schon weiter rechts. Ein Beispiel für die „Ernüchterung“ sind die vielen Bemerkungen von Leuten, die das Cloud Computing nicht mehr „überall“ verwenden wollen (z.B. wegen Sicherheit und Datenschutz).
Demgegenüber findet das Thema „3D Druck“ inzwischen echte kommerziell sinnvolle Anwendungen, d.h. ist bereits weiter auf seinem Weg hin zur etablierten Technologie, als dies in der Frühphase der Fall war.
In der Pressemitteilung ganz unten finden Sie den Verweis auf den Hub zum Thema („View All Special Reports Hype Cycles 2014„). Manche dieser Inhalte richten sich an zahlende Kunden.
Über den Hub findet man Toolkits zur Datenauswertung oder Hype Cycles für einzelne Industriebereiche. Auch hat man hier Zugang zu den Forschungsarbeiten in Sachen „Trendforschung„. D.h. dieser Bereich hilft bei der konkreten Beschäftigung mit dem Thema.
Der Artikel „Gartner-Trends im Reality Check“ vergleicht die Hype Zyklen mehrerer Jahre und kommt nach sehr detaillierter Betrachtung und Analyse zu dem Ergebnis, daß die Vorhersagen durchaus realitätsnah sind, bzw bisher waren.
Dieser Artikel listet ebenfalls die detaillierten Hype Zyklen für die letzten 10 Jahre auf, d.h man hat hier die Möglichkeit, sich den Zustand neuer Technologien in früheren Jahren anzusehen.
Manche dieser Technologien sind heute verschwunden, andere kann man sogar über mehrere Jahre nachverfolgen. Beispielsweise waren Wikis im Jahr 2005 auf dem absteigenden Ast („Ernüchterung“) und haben sich bis 2009 durchgesetzt.
Der Zyklus 2012 ist nur wenige Jahre alt (siehe „EMERGING TECHNOLOGIES 2012 – Gartner stellt neuen Hype Cycle vor„). Dort war beispielsweise das 3d Drucken im Bereich des Hypes, während es 2014 bereits durch das Tal der Tränen hindurch gewandert war.
Andere Techniken wie die Nahfeld-Kommunikation lagen damals auf dem absteigenden Ast, und sich heute noch nicht wesentlich weiter.
Dies zeigt, daß die Hype Zyklen nebeneinandergelegt für einzelne Technologien auch eine mehrjährige zeitliche Komponente abbilden.
Eine weitere Betrachtungsweise ist die „Vernetzung„. Beispielsweise hängen viele Technologien zusammen, obwohl sie unterschiedliche Reifegrade vorweisen (z.B. 3D Drucker und 3D Scanner).
Wenn Sie vor der Aufgabe stehen eine Innovationsstrategie entwickeln zu wollen, schlage ich Ihnen vor, daß Sie sich die Zyklen des aktuellen Jahres ansehen, und auch Vergleiche mit den Vorjahren anstellen.
Auch wenn Sie sich nicht mit den hochgelobten Themen direkt befassen, könnten sie die dort enthaltenen Information in zeitlicher und inhaltlicher Dimension aus einer generelleren Perspektive sehen. So erkennen Sie vielleicht Muster in verwandten Bereichen, die letztendlich als Grundlage für Ihr eigene Strategie eignen.
Oder in Kurzform: „unbedingt näher ansehen“.
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Folgeartikel zum Thema gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen.
In der Online Version des Artikels finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:
Ich arbeite seit vielen Jahren in der Softwareentwicklung für Unternehmensanwendungen bei der SAP SE. Dieser Blog ist privat, und die Meinungen sind meine eigenen. Sie sind hier richtig, wenn sie sich für Praxiserfahrungen im Produktmanagement für Investitionsgüter interessieren.
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