Im ersten Teil habe ich über die Herausforderungen im Gründungsprozess geschrieben. Ich habe mich dabei auf einen Artikel von Prof.Dr.Malte Brettel im aktuellen Heft (01-2011) des Fachmagazin → t&m (Technologie & Management) bezogen.
In der Einleitung zu der Ausgabe schreibt der Chefredakteur Peter von Bechen dem Sinne nach, daß die absolute Zahl der Gründungen zwar zunimmt, gleichzeitig aber bei der Zahl der Gründungen für größere Unternehmen ein Rückgang zu verzeichnen sei. Um unseren Wohlstand zu sichern, würde unser Land Leute benötigen, „die mit viel Elan .. Märkte in Bewegung bringen“.
Was liegt also näher, als das begonnene Thema mit einer Fortsetzung weiterzuführen.
Der potentielle Kinde muss Innovationen erkennen
Brettel gibt in seinem bereits zitierten Artikel folgendes Statement ab:
Startend mit der Idee… wird oft die technische Innovation als entscheidend diskutiert…. nur ein Teil der Voraussetzung… Entscheidend ist die nachfolgende Frage, ob es durch die technologische Innovation auch gelingen kann, einen Einfluss auf das Konsumentenverhalten… hervorzurufen. Erst ein solcher Einfluss führt auch zum ökonomischen Erfolg.
Kurz zusammengefaßt: Die eigentliche Innovation ist wichtig. Noch viel wichtiger ist, daß die Kunden die Innovation auch annehmen. Stimmt, würde ich aus Produktmanagement Sicht sagen.
Viele Gründer (und Unternehmen generell) konzentrieren sich sehr stark auf die eigentliche Innovation, bzw die Technologien, die dahinter stehen. Das ist auch erst einmal verständlich, weil nämlich bereits die Entwicklung eines Produktes sehr viel Arbeit bedeutet.
Trotzdem, wenn kein Kunde dieses Produkt einsetzen will, bleibt eigentlich jede Bemühung umsonst. Um mit diesem Problem umzugehen, kann man als Gründer bereits mit wenig Aufwand einige Dinge tun. In den folgenden Kapiteln fasse ich einige Ideen zusammen.
Eigentlich ist es eine banale Forderung, daß man mit Kunden gesprochen haben sollte, um genau zu verstehen, was diese Kunden benötigen („Marktforschung“). Viele machen das nicht, oder nicht richtig.
Ich glaube, daß jeder gründende Uniabsolvent bereits von Natur aus mit Kunden spricht, und den Markt erforscht. Für mich ist dabei aber die entscheidende Frage, ob man denn auch die richtigen Bedarfe erhebt, wenn man Kunden befragt. Hierzu gehört schon etwas mehr Erfahrung, und ein Gespür für das Machbare.
Hätte man bei der Entwicklung des ersten Automobils zum Beispiel die Leute befragt, was sie benötigen, hätten man sicher erfahren: „schnellere Pferde“. Hätte man diese Ideen blind umgesetzt, wäre es vermutlich nie zu der Erfindung des Automobils gekommen.
Viel besser ist es daher, wenn man nicht fragt „was willst Du haben?“, sondern „was tust Du warum (und wie kann man Dir Deiner Meinung nach besser helfen)?“. So gefragt, hätten sicher viele Leute geantwortet, daß die Pferdeäpfel auf der Straße stören, und daß sie eigentlich viel zu wenig transportieren können, etc.
Alleine durch diese Umfokussierung hat man damit schon einen wesentlichen Verständnisbeitrag geleistet, und kann damit die Produkte entwickeln, die die Kunden benötigen und verstehen (d.h „kaufen“).
Jede Idee benötigt ein passendes Zeitfenster, um überhaupt eingesetzt zu werden. Wenn man zum Beispiel versucht hätte, Benzin zu entwickeln oder zu verkaufen, noch bevor es Autos gab hätte man sicher nicht sehr viel Benzin verkaufen können (Zu Herta Benz‘ Zeiten gab es Benzin in einer Apotheke in Wiesloch, ganz hier bei mir in der Nähe).
Das richtige Timing gilt gerade auch bei innovativen Produkten. Die Gründe sind hier oft auch wirtschaftlicher Natur. Zum Beispiel ist die Umstellung auf den Elektroantrieb zum Teil auch deshalb schwierig, weil die Unternehmen bereits sehr viel in das System Mineralöl investiert haben. Um zum Beispiel den Elektroantrieb erfolgreich zu machen, muss man daher nicht nur den Markt umformulieren (d.h Kunden begeistern), sondern man muss auch das bestehende System gezielt ändern.
Um diese Systemänderung herbeizuführen muß man darauf achten, daß Kunden auch die ökonomische Möglichkeit dazu haben, umzusteigen. Zum Beispiel wird nur wenige Menschen die Tankstellen schliessen (können), um dann mit dem fehlenden Einkommen eine Firma für die Betankung von Elektrofahrzeugen zu gründen. Man benötigt also eine passende Strategie.
Ein weiterer Punkt, der bei der Umsetzung einer Technologie wichtig ist, ist das technologische Wettbewerbsumfeld. Wenn man zum Beispiel vorhätte, im Bereich Elektroantrieb unternehmerisch Fuss zu fassen, müßte man in dem oben erwähnten Beispiel zum Elektroantrieb an mindestens zwei Dinge denken, und sich kritisch prüfen:
Um zum Beispiel einen neuen Antrieb zu entwickeln, benötigt man sicher eine gewisse Marktmacht, und finanzielle Ausstattung, um überhaupt in der Lage zu sein, die relevanten Teile des Marktes umzudefinieren. Wenn man sich bei der Entwicklung auf einige wenige Elemente des Marktes beschränken würde (und den Rest übersehen), kann man leicht in die Fänge des Wettbewerbs laufen.
Es bietet sich daher an, den gesamten Markt möglichst umfassend zu studieren, und vor allen Dingen, seine Funktionsweise zu verstehen. Sich nur auf Kunden zu konzentrieren, reicht sicher nicht aus.
Bei der Einführung neuer Produkte wird man sicherlich eine Wettbewerbsantwort erhalten. Zwar meinen viele Leute, daß dem nicht so ist, aber eigentlich steht man mit jedem Produkt irgendwo im Wettbewerb. Nur ganz wenige Entwicklungen mögen so innovativ sein, daß es sie nicht gibt, aber dieser Zustand ist selten.
Es ist daher entscheidend, daß man die eigentlichen Wettbewerber identifiziert, und, daß man sich überlegt, wie der Wettbewerber wann reagieren wird. Dieses Wissen sollte manchmal sogar in die eigentliche Produktgestaltung mitaufgenommen werden.
Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Entwicklung neuer Produkte ist die Ausarbeitung der Positionierung. Hierbei versucht man, dem neuen Produkt eine Gestalt zu geben, die die Kunden auch erkennen können. Sobald man diesen Zustand erreicht hat, tut man gut daran, die Positionierung so zu belassen (um die Kunden nicht zu verwirren).
Grundsätzlich hat man bei der Einführung neuer Produkte nicht sehr viel Zeit, dem Kunden den Kern der Idee nahezubringen. Dabei hat man nun mehrere potentielle Vorgehensweisen:
Die erste Methode ist nicht sonderlich effizient. Einmal hat man oft die Tendenz die Kunden zu überfrachten, und man kann daher schon froh sein, wenn sie überhaupt in der zur Verfügung stehenden Zeit einige Features verstehen. Damit hat aber noch kein Kunde den Nutzen erkannt, oder er hat auch noch nicht die Entscheidung getroffen, das Produkt auch einzusetzen.
Die zweite Methode funktioniert wesentlich besser, weil sich hier der Kunde unmittelbar mit seinen eigenen Bedarfen wiederfindet. Um aber zu einer sauberen Positionierung zu gelangen, benötigt man sehr viele Marktinformationen, und man sollte einige Zeit in die Strategieentwicklung stecken, um zu einer sauberen Positionierung zu gelangen.
In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: