In den USA und anderen Industrieländern beobachtet man schon seit einer längeren Zeit das Phänomen des joblosen Wachstums. Und die EZB flutet die Märkte mit Geld – trotzdem wollen sich die erwarteten Wachstums- und Beschäftigungseffekte nicht einstellen.
Christensen, der die Theorie der „disruptiven“ Innovation entwickelt hat, sieht die falsche Definition des Innovationsbegriffs als eine Ursache hierfür.
Die unten verlinkten Artikel beschreiben Christensen’s Auffassung und seine neuere Forschung im Detail. Demnach unterscheidet man inzwischen drei verschiedene Typen von Innovationen, die sich hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeiten und anderer Parameter unterscheiden (Artikel „Nightmares on Innovation Street: Job-Slaughter“ liefert konkretere Aufstellungen zu diesen Unterschieden).
Christensen teilt die Welt hierbei die folgenden Arten von Innovationen ein:
Der erste Innovationstypus umfaßt echte Neuerfindungen, die einer breiten Käufermasse zur Verfügung stehen, und die entsprechend große Beschäftigungseffekte haben (er nennt den Ford T als Beispiel).
Bei den „sustaining innovations“ handelt es sich um Innovationen bei denen die Verbesserungen an einer bestehenden Innovation im Mittelpunkt stehen. Solche Weiterentwicklungen sorgen letztendlich dafür, daß die Produkte von Gestern an das Heute angepaßt werden – mit dem entsprechenden Beschäftigungswachstum.
Die letztgenannten Innovationen konzentrieren sich auf das Verbessern bestehender Produkte oder Services, und zielen darauf ab, Dinge effizienter zu machen (und Arbeitskräfte freizusetzen).
Das jobneutrale Wachstum, das viele Gesellschaften derzeit beobachten, entsteht seiner Meinung, weil die Unternehmen hauptsächlich in die Effizienz investieren, und das dort freigesetzte Geld erneut dort reinvestieren. In den anderen Sektoren engagiert man sich zu wenig.
In „Christensen: We are living the capitalist’s dilemma“ sagt er hierzu:
„The belt of circularity in America’s economic engine, however, is broken. The 1982 recovery took the economy’s usual 6 months to reach the prerecession peaks of performance. Getting back to the prior peak in the 1990 recession took 15 months. Our economic machine has been grinding for 65 months trying to hit prerecession levels — and it’s not clear whether or how we’re going to get there.
The reason? In America, Japan and Europe, the dials have gone amok. Efficiency innovations are liberating capital, but that capital is being reinvested into still more efficiency innovations. Our economies are generating many fewer empowering innovations than in the past.
„A Capitalist’s Dilemma, Whoever Wins on Tuesday“ zeigt, daß hierfür letztendlich die Kennzahlen verantwortlich sind, die wir benutzen, um den Nutzen von Projekten zu belegen. Dort heißt es:
„The Doctrine of New Finance helped create this situation. The Republican intellectual George F. Gilder taught us that we should husband resources that are scarce and costly, but can waste resources that are abundant and cheap. When the doctrine emerged in stages between the 1930s and the ‘50s, capital was relatively scarce in our economy. So we taught our students how to magnify every dollar put into a company, to get the most revenue and profit per dollar of capital deployed. To measure the efficiency of doing this, we redefined profit not as dollars, yen or renminbi, but as ratios like RONA (return on net assets), ROCE (return on capital employed) and I.R.R. (internal rate of return).“
In „Christensen: We are living the capitalist’s dilemma“ zeigt er mögliche Auswege auf.
Die Betrachtung hat meiner Meinung nach etwas für sich. Es ist ja nicht zu übersehen, daß Europa oder die USA schon ungewöhnlich lange benötigen, um sich von der Finanzkrise zu erholen. Und trotz des billigen Geldes kommt es nicht zu größerem Wachstum. Das etwas nicht stimmt, kann man demnach gut beobachten.
Wie schädlich die kurzfristige Orientierung ist, die die Kapitalmärkte vorleben, konnte man schon mehrfach sehen. Beispielsweise sind viele Länder heutzutage deshalb de-industrialisiert, weil sie das Outsourcing aggressiv betrieben haben. Oft hat man diesen fragwürdigen Schritt wegen der kurzfristigen Renditen gemacht, wäre aber heutzutage froh, mehr Industrie zu haben.
Oder ist es auch nicht zu übersehen, daß heutzutage oftmals Konsum deshalb unterbleibt, weil die Produkte nicht signifikant besser werden. Wer z.B. eine Waschmaschine hat, ersetzt diese vielleicht bei einem Defekt, aber kaum deshalb, weil die neuen Generationen mehr Features hat, auf die man nicht verzichten kann. Irgendwo fehlen also die wirklich neuen Dinge, oder es fehlen die signifikanten Verbesserungen.
Allerdings übersehen alle zitierten Artikel meiner Meinung nach, daß eine gute Strategie auch einfach daraus bestehen kann, daß ein Land die unterschiedlichen Arten von Innovation mischen kann und demnach strategisch investieren sollte.
Beispielsweise sorgt die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt dafür, daß Prozesse effizienter ablaufen können (Effizienzinnovation). Auf der anderen Seite ermöglicht diese Technologie auch ganz neue Produkte oder Services (empowering innovation).
Die Frage ist nun, wie man es hinbekommt, daß die Digitalisierung zur Schaffung von Arbeit führt.
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Folgeartikel zum Thema gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen.
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