Heute stehen zwei Artikel im Fokus, die zeigen, daß das Innovationsmodell zur Firma und zu den Produkten passen muss.
Der eine Artikel bespricht die Gegensätze in den Innovationsstrategien von zwei erfolgreichen Unternehmen (Apple und Google), deren Vorgehensweise sich diametral voneinander unterscheidet.
Der andere Artikel behandelt die Rolle, die die offene Innovation heute und in Zukunft spielt, und plädiert dafür, daß sich Firmen öffnen.
Google und Apple stellen extreme Gegensätze in Bezug auf ihre Innovationsphilosophie dar, wie ein Artikel in der New York Times zeigt (siehe Weiterführende Informationen am Ende des Artikels).
Google’s Innovationsmodell basiert auf dem Prinzip der schnellen Iteration, bei dem das schnelles Ausprobieren von Ideen und die schnelle Rückmeldung der Kundenpräferenzen im Vordergrund stehen. In diesem Modell werden Kunden unmittelbar miteinbezogen, und werden so am Ende zu Partnern im Produktentwicklungsprozess (Bottom-up Ansatz).
Im Gegensatz dazu ist das Modell von Apple weitaus wissenschaftlicher und elitärer aufgebaut.
Hier entwirft eine kleine Gruppe von Mitarbeitern die neuen Produkte (Top-down Ansatz), und folgt hierbei der Grundidee, daß es nicht die Aufgabe der Kunden sei, zu wissen, was sie wollen.
Google’s Modell ist ein Beispiel für eine Innovationsstrategie, die getrieben wird von Technologien (Datenbasierte Entscheidungsfindung, Online Experimente und vernetzte Kommunikation).
Diese Strategie kommt in der Softwareindustrie oft vor, und wird durch den Entwicklungsansatz der agilen Softwareentwicklung gefördert:
The benefits, experts say, are most apparent in markets like Internet software, online commerce and mobile applications for smartphones and tablets. “The cost of creation, distribution and failure is low, so it takes relatively little time, money and effort to float trial balloons,” says Randy Komisar,…..
Das Apple-Modell trägt demgegenüber dem Umstand Rechnung, daß Kommunikation und Experimente zwar hilfreich sind, fundamental neue Idee aber oft von kongenialen Individuen und selten von Gruppen hervorgebracht werden:
“There is nothing democratic about innovation,” says Paul Saffo, a veteran technology forecaster in Silicon Valley. “It is always an elite activity, whether by a recognized or unrecognized elite.”
Firmen, die erfolgreich neue Produkte entwickeln, schaffen dies normalerweise über eine Verbindung von Bottom-Up und Top-Down Ansätzen:
Successful innovation, Mr. Saffo observes, requires “an odd blend of certainty and openness to new information.” In other words, it is a blend of top-down and bottom-up discovery.
Apple schafft den Ausgleich zwischen Bottom-Up und Top-Down dadurch, daß Steve Jobs handverlesene Manager eingestellt hat, die offen sind, gegenüber fremden Ideen. Die Firma schafft es zudem, diese Manager so vor äußeren Einflüssen abzuschirmen, daß es ihnen garnicht möglich ist mit einer Versuch-und-Irrtum-Methode vorzugehen.
Apple sammelt demnach ebenfalls externe Einflüsse, jedoch anders als es Google tut:
“It’s a lot of data crunched in a nonlinear way in the right brain,” says Erik Brynjolfsson, director of the M.I.T. Center for Digital Business.
Das Handelsblatt sagt vorher (siehe Weiterführende Informationen am Ende des Artikels), daß sich Firmen zunehmend öffnen werden, und daß die rein introvertierten Modelle ausgedient haben (Apple sei ein Sonderfall für eine Firma in einem hochrentierlichen Segment):
„Nach Ansicht von Experten wie Petrie sind die offenen Systeme notwendig, weil es den Firmen nur so gelingt, ständig neue Ideen in den Markt zu bringen. Denn wenn Zulieferer ständig um zusätzliche Abnehmer kämpfen müssen, steigert das die Innovationskraft.
Zudem ist es einfacher, die komplexer werdenden Liefersysteme zu managen. Hintergrund sind die immer schneller fließenden Informationen. Das setzt die Manager unter Druck. Im stillen Kämmerlein an der Strategie oder der nächsten Produktidee zu basteln, funktioniert nicht mehr.“
Ich halte einige Punkte in den beiden Artikeln für wichtig.
Das Innovationsmodell, das eine Firma verfolgt, muß zu der Firma und zu den Produkten passen. Vermutlich wird eine Softwarefirma, die Internetanwendungen erstellt, eher mit dem Google Ansatz zurechtkommen, und schnell inkrementelle Weiterentwicklungen ausliefern/ Kundenfeedback suchen.
Eine Firma, die sich z.B. mit (der wissenslastigen) Biotechnologie befaßt, wird sich alleine aus Know How Gründen vermutlich eher auf einen Ansatz wie Apple verlassen. Eine solche Firma wird Anregungen von Außen zwar aufnehmen, die innovativen Produkte aber selbst entwerfen.
Eine Firma, die den Google Ansatz verfolgt, schnell zu reagieren, muß besonders gut sein in den Bereichen „Entwicklungsprozess“, und „Kundenbeziehungen“. Sie muss zudem in der Lage sei, datenbasierte Entscheidungen zu treffen, d.h. wird vermutlich selbst stark computerisiert sein.
Um zu funktionieren benötigen solche Firmen eine Kultur der „vielen Ideen“ und der „vielen Projekte“.
Eine Firma, die eher den Apple Ansatz verfolgt, muß demgegenüber eher in der Lage sein, wichtige Anregungen von unwichtigen zu trennen, und sie muß in der Lage sein, sich fachlich von den anderen Marktteilnehmern abzuheben.
Damit dies gelingen kann, benötigt dieses Unternehmen eine Kultur der „Exzellenz“, und der „Konzentration auf das Wesentliche“.
Das Modell, das eine Firma verwendet, sollte sich auch in der internen Arbeitsweise wiederfinden. Eine Firma, die auf schnelles Kundenfeedback angewiesen ist, müßte sich demnach als eine Firma aufstellen, die nach den agile Methoden arbeitet, da nur so die schnellen Entwicklungen auch geliefert werden können.
Eine Firma deren Innovationsprozess zentralisierter abläuft, benötigt ein agiles Modell weitaus weniger, sondern diese Firma benötigt Kernmitarbeiter, die zu den besten ihres Faches gehören.
Viele Firmen stehen vor der Notwendigkeit, daß sie die Außenwelt in den Entwicklungsprozess miteinbeziehen müssen, um in Zukunft überhaupt noch mitreden zu können.
Damit stellt sich die Frage, wie sich die Firma so organisiert, daß sie in der Lage ist im Sinne von Open Innovation mit dem Markt in Kontakt zu kommen.
Wie die Artikel zeigen, reicht es nicht, daß man sich öffnen will. Man muß auch die notwendige firmenkulturelle Einstellung mitbringen, und zum Beispiel Offenheit als Chance und nicht als Bedrohung sehen.
Auch unterscheiden sich die Aufgaben des Produktmanagements in beiden Modellen grundlegend voneinander. In einem System nach Google kommt es darauf an Trends wahrzunehmen, und umzusetzen. Der Schwerpunkt liegt hier eher auf dem Rollin.
In einem System a la Apple kommt es eher darauf an, die fachliche Kompetenz zu steigern, d.h der Schwerpunkt des Produktmanagements dürfte wesentlich dichter an der Produktentwicklung liegen.
Im Internet finden Sie weiterführende Artikel:
In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: