Innovationen und ihr Kontext

In einem Apple Fachmagazin hat sich jemand die Mühe gemacht, die Produkte zusammenzutragen, aus denen letztendlich der iPad entstanden ist.

Die Zusammenstellung ist interessant, da sie mehrere Aspekte verdeutlicht, die das Produktmanagement im Rahmen der Innovation im Hinterkopf haben sollte.

Die Ursprünge des iPad

Der erwähnte Artikel ist im Mashable Teich Blog erschienen, und beschäftigt sich mit den Technologien und Produkten, die in den iPad eingegangen sind (siehe Weiterführende Informationen am Ende des Artikels).

Stiftbedienung

Der Autor befaßt sich zunächst mit den ersten Technologien, aus denen sich die Stiftbedienung für Tablettcomputer entwickelt hat, und geht hierbei zurück in das Jahr 1888, und den Telautograph. Dort wurde ein Stylus eingesetzt um Nachrichten zu übermitteln.

Der Artikel geht über mehrere Stationen bis ins Jahr 1984, um das KoalaPad zu besprechen, wobei es sich um ein frühes Spielzeug handelt, mit dem Kinder zeichnen konnten.

Der iPad selbst läßt sich sowohl mit den Fingern bedienen, als auch mit Stiften, und stellt eine Weiterentwicklung dieses Bedienkonzepts dar.

Mobilität

Ein weiterer Faktor in der Entwicklung des iPad war die zunehmende Mobilität der Geräte. Der Artikel bespricht hier frühe PCs, wie den Osborne 1 PC, oder den ersten Laptop (Epson HX-20), bzw den ersten Palmtop (Atari Portfolio) mit Tastatur.

Der iPad hat davon profitiert, daß die Geräte immer kleiner und leistungsfähiger geworden sind. Er hat aber auch davon profitiert, daß frühere Pioniere neue Geräteformen entwickelt haben, die inzwischen Eingang in den iPad gefunden haben.

Personal Digital Assistents

Bei den PDAs handelt es sich um kleine Geräte, die man einsetzen konnte, um Telefonnummern zu speichern, oder kurze Dokumente. Auch diese Produktkategorie ist in den iPad hineingewandert.

Angefangen hat es mit einem Apple Newton, der nie erfolgreich wurde, und ging über ein IBM Gerät hin zum Palm Pilot, der für seine Verhältnisse relativ günstig war, und preiswert.

Ein heutiger iPad erlaubt wie selbstverständlich das Verwalten von Adressen und Terminen.

Tabletts

Der iPad basiert ebenfalls auf Tablet-Computern, die sich über Jahrzehnte entwickelt haben. Der Artikel befaßt sich zunächst mit einem Prototypen aus den 1968ern, und erwähnt Geräte wie den Compaq Concerto, d.h. einen wandelbaren Laptop.

Schlussendlich hat auch Microsoft einen großen Anteil in der Geräteevolution. 2001 hat Bill Gates nämlich auf einer Comdex ein Betriebssystem für ein Tablett vorgestellt, daß die Produktkategorie Tablett erst wieder reanimiert hat, nachdem sie vorher nicht sonderlich erfolgreich war.

Bausteine Zusammensetzen

Der Kontext einer Entwicklung

Diese eher historische Betrachtung zeigt recht deutlich, daß Technologien sich normalerweise nicht schlagartig entwickeln, sondern daß sie sich oft aus früheren Geräteversionen ergeben.

Oft stehen diese Entwicklungen vordergründig auch nicht in einem Zusammenhang, sondern entwickeln sich unabhängig voneinander. Irgendwann kommt jemand auf die Idee, mehrere Technologien zu kombinieren, um so ein vollkommen neues Produkt zu entwickeln.

Um nur einige zu nennen – Für diese Gesetzmäßigkeit gibt es mehrere Gründe:

  • Wenn Firmen neue Produkte entwickeln, gehen sie normalerweise von den Schwachpunkten einer bisherigen Lösung aus, und suchen neue Ansätze hiermit umzugehen. Hierbei finden häufig inkrementelle Entwicklungen statt, die bisher vorhandene Lücken schliessen.
  • Gerade der Teil, bei dem es um die Miniaturisierung geht, zeigt deutlich, daß eine Technik alleine kaum existieren kann. Vielmehr muss es auch die notwendigen Bauteile, Fertigungsverfahren, etc geben. Demnach müssen Fortschritte an vielen Ecken stattfinden, bevor ein neues Produkt möglich wird.
  • Auch Kunden müssen erst lernen, was sie mit einer neuen Technik anfangen können. Viele neuen Geräte scheitern daran, daß die Kunden diesen Punkt nicht verstehen. Gute Entwickler zeigen Ihren Kunden die möglichen Anwendungen.

Die Technik alleine reicht nicht

Das folgende Zitat zeigt auch, daß es nicht reicht, eine Technologie zu haben. Vielmehr ist es auch erforderlich, daß man versteht, wie man diese Technologien einsetzen kann, um reale Kundenprobleme zu lösen:

All of these technologies combined to become tablet PCs, the closest, non-iPhone ancestor of the iPad. However, tablets never really caught on as most consumers couldn’t see the need for them. As one former Apple engineer said, even Steve Jobs asked what tablets were good for “besides surfing the web in the bathroom.”

Umsetzen

Wie kann man dies nun ausnutzen? Hier einige Ideen:
  • Zunächst sollten junge Produktmanager verstehen, daß es wichtig ist, den Markt zu beobachten. Inzwischen ist die Wichtigkeit von Kundenkontakten anerkannt. Genau so wichtig ist es aber auch, sich technologische Hintergrundinformationen zu verschaffen.
  • Um neue Produktbedarfe erkennen zu können, lohnt es sich, auf schwache Signale zu achten. So hat sich eigentlich schon lange gezeigt, daß sich Geräte entwickeln, die in neue Gebiete vorstoßen. Bis zum iPad hat man nur noch nicht richtig verstanden, wie sie aussehen werden.
  • Viele Innovationen entstehen in der Schnittstelle zwischen Technik und der kaufmännischen Umsetzung eines Neuproduktes. Es reicht daher nicht aus, nur ein schönes Gerät zu entwickeln. Es ist gleichermaßen wichtig, daß man genau festlegt, wie das Gerät kommerziell funktionieren soll, und warum Kunden das Gerät verwenden werden.
  • Man sollte die Schwachstellen der bisherigen Produkte gut verstehen, um wirkliche Verbesserungen hervorbringen zu können. So konnten zwar alle früheren PDAs Adressen verwalten. Richtig nützlich wurden die Geräte erst dann, als man Adressen auch synchronisieren konnte.
  • Man sollte im Rahmen der Produktentwicklung zwar Kundenanforderungen einholen. Man sollte aber stets auch aus der entgegengesetzten Richtung kommen, und sich fragen, welche Probleme mit einer existierenden Technologie ebenfalls lösen könnte.
  • Produkte und Märkte müssen reif sein. Es ist zwar theoretisch wichtig, der Erste zu sein, der mit einem neuen Produkt auf den Markt kommt. Zu früh auf einem Markt zu sein, d.h noch bevor die potentiellen Kunden den Nutzen erkennen, ist aber auch nicht hilfreich.

Dieses Beispiel zeigt deutlich, daß es in der Produktentwicklung weniger auf Genies und Erfinder ankommt, sondern eher, daß man konzentriert daran arbeitet, bisherige Lücken zu schliessen, und Marktchancen wahrzunehmen, die sich abzeichnen.

Dies beutet: Man kann das Entwickeln von Produkten lernen, und es hängt von der Einstellung ab, ob man entwickeln kann, und nicht, ob man selbst ein genialer Erfinder ist, oder nicht.

Weiterführende Informationen

… im Internet

Im Internet finden Sie weiterführende Artikel:

… auf www.Produkt-Manager.net

In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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