Innovationsmanagement und die Rolle des Kunden im Entwicklungsprozess

Ganzen Heerscharen von Betriebswirten und Volkswirten wurde eingebleut, das ist ein Naturgesetz sei, daß sich eine Volkswirtschaft von einem Agrarstaat zu einem Industriestaat entwickelt und von dort weiter zu einer Dienstleistungsgesellschaft.

In den letzten 20-30 Jahren haben viele industrialisierte Länder den Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft aktiv betrieben, indem sie die Segnungen der Globalisierung genutzt haben, um Produktion von hier in die aufstrebenden Volkswirtschaften zu verlagern.

Spätestens die Eurokrise zeigt, dass die Auffassung nicht gesund sein kann, ein Land könne ohne Produktion leben. Vielmehr zeigt sich jetzt, daß Staaten einen gesunden produzierenden Sektor benötigen, um überhaupt innovativ sein zu können.

Die Quellen innovativer Produkte

Heute gilt laut →Innovationsmanagement Mitarbeiter und Kunden als Ideen-Quelle

„Produktideen werden nicht mehr nur in den Marketingabteilungen kreiert, sondern an Ort und Stelle erprobt – beim Anwender und Verbraucher.“

Hintergrund für diese Entwicklung ist die hohe Anzahl von Flops, bzw der Versuch der Firmen, die Floprate zu vermindern, wie es weiter heißt:

„Nur etwas mehr als sechs Prozent aller Produkte schaffen es, sich dauerhaft auf dem Markt durchzusetzen. Die Gründe sind laut Gassmann ernüchternd: 28 Prozent der Unternehmen scheitern, weil ihre Produkte übertrieben aufwendig ausgestattet sind…. Etwa ein Viertel der Produkte floppen, weil sie einfach nur nachgeahmt sind und keine Neuheiten mit sich bringen.“

In dem Artikel werden unterschiedliche Firmen vorgestellt, und deren jeweilige Vorgehensweise. Zwei Beispiele sind die Firmen 3M sowie Miele, die eigene Innovationsphilosophien verfolgen. An den Beispielen kann man bereits sehen, wie wichtig beide Bereiche sind – Produktionswissen und Nähe zum Kunden.

„Die Idee ist der embryonale Zustand eines zukünftigen Produktes“, betont Stephan Rahn, bei 3M in Neuss verantwortlich für das Innovationsmanagement. Dass die Kunden dabei ein gewichtiges Wort mitreden, ist ausgemachte Sache. In weltweit 30 sogenannten Customer Technical Center können sie mit Forschern diskutieren und sagen, was sie wie verbessern würden. Diese Zentren sind somit eine Art Umschlagplatz für Ideen. „Rund 80 Prozent unserer Innovationen stammen aus den Dialogen mit Kunden“, betont Rahn.

Auch der Hausgerätehersteller Miele macht sich mit seinen Innovationen einen Namen….Das Erfolgsrezept: „Die Abteilung ist bei uns in den jeweiligen Werken angesiedelt“, sagt Markus Miele, Mitglied der Geschäftsführung und Urenkel des Firmengründers Carl Miele, „eine zentrale Entwicklungsabteilung auf der grünen Wiese nebst zentralem F&E-Chef gibt es nicht.“

Das Unternehmen ist weltweit in 47 Ländern mit eigenen Vertriebsgesellschaften vertreten. Diese dezentrale Struktur erlaubt es den Länderchefs rund um den Globus, autark über Modellpolitik, Preisgestaltung und Werbung zu entscheiden. Von ihren Endkunden und von den Händlern vor Ort erfahren sie, was gefragt ist – und das fließt in die Produktentwicklung mit ein.“

Erfahrungssache

Ich kann mir mit meiner Erfahrung nicht vorstellen, daß man gute Produkte entwickeln kann, wenn man nichts von seinem Markt versteht, und zudem keinen Einblick in die Produktion hat. Man benötigt vielmehr intensiven Kundenkontakt und Zugang zu Anwendungsfällen, um innovativ zu sein.

Allerdings geht es hierbei weniger um ein Übernehmen von fremden Ideen, sondern eher darum, daß der Produktentwickler ein Gefühl dafür bekommen muss, wie Kunden arbeiten, und warum, bzw warum welche Produktmerkmale fehlen (Um auf Nummer Sicher zu gehen könnte man vor einem Kundengespräch entsprechende Verträge abschliessen).

Dieser Aspekt wird ja auch in dem oben genannten Beispiel gezeigt. Demnach hat z.B. Miele eine größere Mikrowelle entwickelt, nachdem man festgestellt hatte, daß die bisherige Mikrowellen in Asien zu klein sind. Mit Sicherheit hat man, um dies festzustellen, mit Kunden gesprochen oder man hat diese beobachtet, wie sie die bisherigen Produkte verwenden.

Diese Sichtweise wird auch in →Der Westen sehnt sich nach mehr Industrie wie folgt unterstützt:

Alle Welt schaut vorwurfsvoll oder bewundernd auf Deutschland, das dank seiner starken Industrie in der Euro-Krise zum fast alleinigen wirtschaftlichen und politischen Machtzentrum in Europa aufgestiegen ist….

In vielen Branchen, wie zum Beispiel dem Maschinenbau, können Entwickler und Ingenieure ohne Kontakt zur Produktion kaum sinnvoll arbeiten. „Als wir die Elektronikproduktion verloren, verloren wir auch die Beteiligung an den Innovationen in diesem Bereich und Folgeprodukte wie fortgeschrittene Batterien, Flachbildschirmtechnologie und LED-Beleuchtung“, stellt Sperling fest“

Ablehnende Haltung

Neben den offenen Firmen erwähnt der eingangs zitierte Artikel jedoch auch Firmen, die sich sehr geschlossen geben. Hauptursache sei die Angst dieser Firmen vor Rechtsstreitigkeiten, die sich dann ergeben könnten, wenn Produkte zu große Ähnlichkeit aufweisen mit Ideen, die von Kunden stammen:

„Anders als die Deutsche Bahn reagieren manche Konzerne geradezu allergisch, wenn sich Kunden in ihre internen Belange einmischen. Die Kultmarke Apple zum Beispiel macht deutlich, dass sie sich von Außenstehenden nur ungern Ratschläge erteilen lässt. Weder das Unternehmen noch seine Mitarbeiter, heißt es, würden unaufgefordert eingesandte Ideen akzeptieren oder berücksichtigen, die unter anderem neue Produkte oder Technologien betreffen….

Tenor: Alle drei haben Angst vor Rechtsstreitigkeiten, sollten Einsender auf ihr Urheberrecht pochen, wenn zwischen dem eingeführten Produkt und den eingesandten Vorschlägen Ähnlichkeiten bestehen. „

Erfahrung mit geschlossenen Prozessen

Soweit ich es beurteilen kann, stimmt es zwar, dass manche Firmen ungern mit Kunden zusammenarbeiten. Die Gründe hierfür sind jedoch anders gelagert, als in dem Artikel angegeben, und betreffen nur ein Teil der Produkte/ Innovationsvorhaben.

Steve Jobs hat zum Thema User Groups einmal einen interessanten Ausspruch getan, indem er sinngemäß gesagt hat, daß er nicht mit Usergroups zusammenarbeitet, weil diese ihm den Blick auf das wirkliche Produkt verstellen.

Dies ist in der Tat eine Gefahr. Hierzu muss man sich vor Augen halten, dass User Groups relativ gut darin sind, Anforderungen zu formulieren, die sich auf bestehende Produkte beziehen. Gerade die besten Kunden, die ja in Usergroups mitwirken, sind jedoch selten geneigt, neue Technologien zu favorisieren, die die bestehenden Investitionen Infragestellen. Diese umwälzenden Neuerungen sind aber in manchen Fällen die Produkte auf die man aus ist, wenn das Unternehmen langfristig erfolgreich bleiben soll.

Produktabrundungen, wie die erwähnte Erweiterung der Mikrowelle von Miele fallen jedoch gerade nicht unter diese Kategorie, sondern eher der iPad (zum Zeitpunkt seiner Erstvorstellung).

Weiterführende Informationen

…im Internet

Im Internet finden Sie weiterführende Artikel:

…auf Produkt-Manager.Net

In meinem Blog finden Sie ebenfalls weiterführende Artikel:

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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