Freemium Business Modelle

Freemium Geschäftsmodelle haben Sie sicher schon häufiger im Internet gesehen. Hierbei bietet ein Anbieter sowohl eine kostenlose Version, als auch eine Bezahlversion seines Produktes an.

Die Überlegung bei diesem Angebot ist, daß Kunden erst einmal ausgiebig die kostenlose Version testen, um dann (zahlend) upzugraden. Wenn Sie sich einmal selbst beobachten (zumindest falls Sie bereits selbst einmal eine kostenlose Produktvariante installiert haben), werden Sie feststellen, daß es garnicht so einfach ist, das Angebot so zu gestalten, daß Kunden mit dem Produkt zufrieden sind, und dann noch in das Bezahlmodell wechseln.

Wie ein Freemium-Modell gestalten?

Sue Raisty-Egami vom Sure Productconsulting Blog schreibt in Ihrem Artikel “Freemium Business Models – How to Decide What’s Free and What’s Not“ einige beachtenswerte Gedanken zu der folgenden Fragestellung:

If a company is pursuing a freemium” business model, how should they determine the optimal mix of features to offer in free vs. paid software?

Sie kommt hierbei zu den folgenden Empfehlungen, die sie auch im Detail begründet

  • Be sure you understand your product’s value proposition and benefits.
  • Make sure the free version is a pleasure to use and delivers real value
  • The free version must lack key functionality that is in the paid version.
  • If possible, encourage customers to integrate the free product into their business processes and IT systems, so that it is hard to remove.
  • The differences between free and paid versions must apply to a customer who has been using the free product for two to three months.
  • Be sure that it is exceedingly easy to upgrade to the paid version, even if the free version has been programmatically embedded into business processes and IT infrastructure.

Um ein Freemium Modell aufzusetzen, sollte man demnach genau wissen, welche Funktion wie wichtig für Kunden ist. Dies ist notwendig, um entscheiden zu können, was man in welcher Produktversion implementiert.

Damit Kunden die Software überhaupt nutzen, und dann noch willens sind, upzugraden, sollte bereits die freie Version einen Mehrwert liefern. Auf der anderen Seite sollte man darauf achten, daß die freie Version wichtige Funktionalitäten nicht unterstützt, die aber in der Bezahlvariante enthalten ist. Gut wäre es, wenn diese Limitation sich nicht sofort bemerkbar macht, sondern erst nach einer gewissen Nutzungszeit.

Wenn Kunden in eine Lösung investieren, wird es ihnen schwerer fallen zu einer anderen Lösung zu wechseln, als dies sonst der Fall wäre. Deshalb sollte man es anstreben, daß Kunden die kostenlose Version in ihre eigenen Prozesse einbauen. Damit sie dann aber auch wirklich upgraden, und nicht etwa zu einem anderen Anbieter wechseln, sollte dieser Schritt einfach gestaltet sein.

Weitere Aspekte

Sue konzentriert sich in Ihrer Betrachtung auf das unmittelbare Produkt. Ich denke, daß man das Thema Freemium auch ein einem größeren Zusammenhang, d.h strategisch, sehen sollte.

Community Building

Gerade in Internet wird das “Community Building” immer wichtiger. Wem es gelingt, eine Gruppe von Menschen zu versammeln, die sich einem gemeinsamen Interesse widmen (Community of Interest), dem fällt es auch sehr leicht hiermit eine Thought Leadership Position einzunehmen, d.h als Experte wahrgenommen zu werden.

Diese Positionierung ist besonders interessant, wenn man sich mit seinem Angebot im Segment der erklärungsbedürftigen Güter befindet, da dort ein Expertenstatus kaufentscheidend sein kann.

Um eine solche Community aufzubauen ist es zunächst einmal wichtig, Nutzer anzusprechen, die etwas zu sagen haben, und diese an das Unternehmen zu binden. Um solche Leute zu gewinnen, kann man das Freemium Modell sehr gut einsetzen. Wichtig wäre vielleicht, nicht so sehr darauf zu achten, daß diese Nutzer upgraden, sondern demgegenüber das Augenmerk darauf zu richten, daß diese Nutzer sich regelmäßig mit den eigenen Produkten beschäftigen.

Auch und gerade wenn einige Nutzer nicht upgraden, sollte man sie dazu anreizen, Ihr Wissen und Ihre Einstellungen mit anderen Leuten zu teilen. Hierzu sollte man sehr gute „Produkte“ frei anbieten, die die Kunden so begeistern, daß sie garnicht anders können, als positiv darüber zu reden. Den Nutzen hiervon haben alle: die zahlenden und die nichtzahlenden Kunden.

Ein Beispiel ist  die Firma Hasselblad, die sehr viel dafür tut, auch Leute anzusprechen, die nicht unmittellbar zur Zielgruppe der eigenen Produkte zählen. Hasselblad hat zum Beispiel auf der letzten Photokina der Allgemeinheit sehr aufwendige Fotosets zur Verfügung gestellt (man konnte weibliche Modelle und Luxussportwagen fotografieren).

Man hat auch Nicht-Hasselblad Kunden gestattet, bei einem wirklich toll gemachten Event mitzumachen. Als „Lohn“ hierfür ergeben sich diverse Beiträge und Fotos, die im Netz erscheinen, die den Nimbus der Produkte als „Produkte für den Kenner/ Experten“ unterstreichen. Dieser Nimbus kommt wieder den eigentlichen Kunden zugute, die ja selbst als Fotografen arbeiten, und darauf angewiesen sind, als „Experte“ wahrgenommen zu werden.

Portfolioebene

Effekte, wie das Community Building, lassen sich nicht sinnvoll auf Einzelproduktebene planen. Vielmehr ist hierbei eine Betrachtung auf der Ebene des Gesamtportfolios notwendig.

Diese Betrachtungsebene ist auch deshalb wichtig, damit die Freemium Angebote, die man z.B. zum Zwecke des Community-Building anbietet nicht etwa die zahlenden Teile des Angebots kannibalisieren.

Auf der Gesamtportfolioebene sollten Sie sich fragen:

  • Welches Teilprodukt läßt sich gut abgrenzen, und bleibt trotzdem noch repräsentativ?
  • Wie müssen freie und bezahlte Produkte zusammenspielen, um ein Gesamtkonzept zu ergeben?
  • Wie binde ich potentielle Kunden in einen Dialog ein?
  • Wie sollte das freie Produkt gestaltet werden, daß es trotzdem auf Dauer für Experten interessant bleibt?

Um im Beispiel zu bleiben. Hasselblad bietet diverse Inhalte kostenlos an (z.B. Gelegenheiten auf Fotoevents Fotos zu machen, Online Version einer Zeitung, etc), verfolgt jedoch auf dem eigentlichen Sektor (Kameras und Objektive) eine Hochpreisstrategie. Darüberhinaus organisiert man z.B. einen Masters Event. Das Publikum kann die dort entstehenden Bücher kaufen.

Dies bietet vielen Leuten einen einfachen Einstieg in die Markenwelt.

Weiterführende Informationen

… auf www.Produkt-Manager.net

In den folgenden Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

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Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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