Das deutsche Jobwunder mal anders gesehen

Heute habe ich eine interessante Notiz gelesen. Sie handelte von den Gründen, die zum deutschen Jobwunder geführt haben. Wir erinnern uns, dass die Welt vor einiger Zeit in eine Wirtschaftskrise abgeglitten ist, die mit der 1929 er Krise durchaus vergleichbar ist. Damals gab es zum Beispiel in Deutschland relativ schnell über 6 Millionen Arbeitslose. Bemerkenswert an der heutigen Krise ist, dass sich der Arbeitsmarkt bisher als sehr robust gezeigt hat. Diese positive Entwicklung wurde auch heute nochmals vom Sachverständigenrat für wirtschaftliche Entwicklung so hervorgehoben. Insofern scheint diese Aussage wahr zu sein.

In dem Artikel → Die Lehren aus dem „Jobwunder“ (Manager Magazin) finden sich diverse Faktoren, die dieses Ergebnis begünstigt haben (viele genannte Faktoren sind plausibel). Der folgende Grund ist mir besonders aufgefallen:

„Zweitens: Die Betriebe sind auch aus wohlverstandenem Eigeninteresse auf die Beschäftigten zugegangen, denn in Zeiten sich verschärfenden Fachkräftemangels müssen sie qualifizierte Mitarbeiter halten, solange es eben geht. Die an sich lobenswerte Kompromissbereitschaft ist also auch Ausdruck einer Krise.“ – Die Lehren aus dem „Jobwunder“, Manager Magazin

Fachkräftemangel

Dass wir in Deutschland auf einen Fachkräftemangel zusteuern, ist nicht neu, und wird auch schon seit Längerem in den entsprechenden Fachblättern so diskutiert. Hierfür sind zwei Hauptfaktoren verantwortlich. Auf der einen Seite altert unsere Gesellschaft dramatisch, was dazu führt, dass in wenigen Jahren viele Menschen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden werden. Hiermit fehlen dann die ausscheidenden Mitarbeiter, während Nachrücker fehlen. Auf der anderen Seite ist unser Bildungssystem nicht so effizient, wie es sein sollte. Dies führt dazu, dass es vielen Arbeitskräften an der notwendigen Ausbildung fehlt, die notwendig wäre, um auch in Zukunft Spitzentechnologie in Deutschland zu halten.

Auch aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass der Faktor „Halten von qualifizierten Arbeitnehmern“ sicher ein Grund dafür war, dass Massenentlassungen ausgeblieben sind (obwohl sie mit Eintritt der Krise sehr wahrscheinlich waren). Ich glaube jedoch, dass die Problematik vielschichtiger ist, als im Artikel erläutert. So fehlt zum Beispiel der folgende Aspekt:

  • Auf der einen Seite haben viele Menschen in verantwortlichen Positionen, aber eben auch die Arbeitnehmer schnell erkannt, dass wir mit dem Ausbruch der Krise alle im selben Boot saßen. Hätten Unternehmen radikal reagiert und entlassen, wäre es wahrscheinlich gewesen, dass sich die Märkte gegenseitig nach unten gezogen hätten. Das war jedem klar, und hat so zu einer vorsichtigen Politik und einer gemeinsamen Sozialpolitik geführt.
  • Auch hat die Situation, dass es sich um eine allgemeine Krise  handelt, es den Unternehmen erlaubt, ohne Gesichtsverlust schlechtere Resultate als im Vorjahr vorzustellen – es ging ja jedem so. Da die Bilanz sowieso verhagelt war, war es möglich, dass man nicht mehr reflexartig so reagieren musste, wie in der Vergangenheit, nämlich mit Entlassungen.

Innovation

Mit Eintritt der Krise war zu beobachten, dass das Thema „Innovationsfähigkeit“ relativ schnell sehr weit oben auf der Agenda vieler Firmen gestanden hat. Vielen Menschen ist mit Eintritt der Krise klar geworden, dass Wachstum nur über Innovation möglich ist. Inzwischen haben wohl auch viele staatliche Stellen eingesehen, dass es wichtiger ist, die Innovationskraft zu fördern, als nur neue Sozialprogramme zu erstellen, und schrumpfende Einkommen zu verteilen. In dem folgenden Artikel und Zitat steht, worauf es wirklich ankommt, nämlich auf Mitarbeiter, die die Kunden verstehen und auf Produkte, die Kunden wollen:

„Der Erfolg eines Produktes oder einer Dienstleistung hängt nicht nur von den Kosten beispielsweise der Herstellung ab. Wichtig ist, dass das Zusammenspiel aller Teile den Kunden weiterbringt. … Jeder kann einmal die Hitliste der erfolgreichsten Manager durchgehen und sich fragen, ob darin die Konzernchefs ganz vorn stehen, die ihr Unternehmen auf Kernkompetenzen fokussiert haben, oder diejenigen, die das Ganze im Blick – und zwar zuallererst für den Kunden – haben?“ Was zählt, ist Erfolg – nicht Kernkompetenzen Thomas Hutzschenreuter in Harvard Business Manager

Wenn man eingesehen hat, wie wichtig das Verstehen von Kunden ist, und damit, wie wichtig es ist, entsprechend motivierte Mitarbeiter zu haben, seht im folgenden Artikel, was Manager vermeiden sollten, nämlich Angst und Schrecken zu verbreiten:

In vielen Unternehmen verbreiten Chefs Angst und Schrecken – und die Mitarbeiter behalten ihre guten Ideen lieber für sich…..Ein gutes Mittel, um ein offenes Kommunikationsklima zu schaffen, sei das „Management by Walking Around“ – informelle Gespräche, die zustande kommen, wenn die Führungskräfte ohne konkrete Anlässe durch die Büros ihrer Mitarbeiter schlendern und einfach fragen: „Wie geht?s?“ Wichtig dabei sei, dass die Chefs bei solchen Unterhaltungen vor allem zuhören – und nicht nur selbst dozieren. Gerade das aber gehört nur selten zu den Schlüsselqualifikationen von Topmanagern“. → Das Schweigekartell durchbrechen im Handelsblatt

Zusammenfassung

Zusammenfassend behaupte ich, dass die Wirtschaftskrise einen neuen Blick eröffnet hat auf die Erfolgsfaktoren für Wachstum: Innovation, Mitarbeiter, Motivation, Ernsthaftigkeit, und professionelles Management. Dieser neue Blick kann uns auch langfristig gut tun.

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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