Wenn bewährte Strategien fehlschlagen

Der Harvard Business Manager befasst sich in einer Artikelserie mit der Rolle, die falsche, und falsch angewendete Strategien bei der Entstehung von Unternehmenskatastrophen spielen können.

In der dort vorgestellten Studie wird behauptet, dass im Gegensatz zur Lehrmeinung oft mangelhafte Strategien, und nicht deren mangelhafte Umsetzung verantwortlich sind für Probleme in die Unternehmen hineinsteuern.

Als Problematisch Eingestufte Strategien

Die in dem Artikel behandelten Strategien werden nicht per-se als problematisch eingestuft. Vielmehr können sie Manager dazu verführen, Risiken und Warnsignale zu übersehen, bzw zu ignorieren:

  • Synergiemythos: Oft werden Unternehmenszusammenschlüsse getätigt, um Synergien zu erzielen. Oft stellen die beteiligten Unternehmen dann aus unterschiedlichen Gründen fest, dass “Das Ganze … jedoch nicht immer größer als die Summe seiner Teile (ist)”
  • Riskante Finanzakrobatik: Unternehmen gehen oft sehenden Auges finanzielle Risiken ein, die sie in den Abgrund reissen können.
  • Das blind-Kurs-halten trotz negativer Marktsignale kann leicht zu unbequemen Resultaten führen.
  • Eine unüberlegte Markterweiterung, die sich überwiegend auf die Kernkompetenzen des eigenen Unternehmens abstützt, kann unter diversen Bedingungen zu Problemen führen. Bei den gescheiterten Unternehmen werden die folgenden Muster beobachtet:
  • “Das erste Muster bestand darin, dass eine Änderung im Kerngeschäft des Unternehmens die Triebfeder war und nicht eine enorme Chance im angrenzenden Markt. …
  • Ein zweites Muster war, dass den Unternehmen die Fachkenntnis in den angrenzenden Märkten fehlte, was zu einer falschen Beurteilung von Zukäufen und zu falschem Umgang mit Wettbewerbsherausforderungen führte. …
  • Das dritte Muster war die Überbewertung der Stärke oder Bedeutung der Fähigkeiten im Kerngeschäft. Hierfür sind erfolgreiche Unternehmen besonders anfällig. Ihre Leistungen in ihrem jeweiligen Markt lassen sie ihre Chancen in anderen Märkten zu optimistisch sehen. …
  • Das vierte Muster zeigte sich, wenn ein Unternehmen die Loyalität seiner Kunden überschätzt. Nur weil Kunden ein Produkt kaufen, heißt das nicht automatisch, dass sie sich auch für andere Produkte eines Anbieters entscheiden. …” – sagen Paul B. Carroll und Chunka Mui
  • Das Setzen auf die falsche Technik und Fehler bei der Konzeption technologieabhängiger Strategien.
  • Übereilte Fusionen, und eine falsche Reaktion auf Marktkonsolidierungen
  • Zu schnelles, und gegebenenfalls zu riskantes Wachsen

Beiträge aus dem Produktmanagement

Obwohl der größte Teil der Unternehmensstrategie ohne Zweifel im Top Management erarbeitet wird, leisten Produktmanager ihren Beitrag in einige der oben aufgeführten Strategiebereiche. Zum Beispiel entsteht eine Technologiestrategie nicht unabhängig von den Eingangsdaten, die das Produktmanagement über die Kundenrelevanz einzelner Produktmerkmale liefert.

Daher liegt es nahe, zu fragen was Produktmanager dazu beitragen können, dass vermeidbare Unternehmenskatastrophen auch vermieden werden.

Technologiestrategien

Oft wohnen einzelnen Technologien gewisse Reize inne, oder sind die einen Technologien interessanter als die anderen Technologien. Dies gilt sowohl für die Technologie selbst, als auch für die Attraktivität einer Technologie für die Lebensläufe der beteiligten Personen. Die Gefahr hierbei: Technikverliebtheit. Zum Beispiel war es eine Zeitlang sehr karrierefördernd, über eine hohe Automatisierung von betrieblichen Abläufen nachzudenken. Auf der anderen Seite stellt die Robotertechnik selbst ein interessantes Betätigungsfeld dar. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn betriebliche Probleme auch dann mit Automatisierungstechnik angegangen wurden, wenn gegebenfalls eine organisatorische Lösung reichen würde.

Nach meiner Erfahrung kommen Fehleinschätzungen bei den Technologiestrategien oft dadurch zustande, dass Technik und Ökonomie nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Um Fehlentwicklungen zu vermeiden, halte es für ganz wichtig, dass Unternehmen Technologien immer unter diesen beiden Blickwinkeln betrachten.

Auf der einen Seite benötigt man hierzu ein unbedingtes Verständnis der wirklichen Kundenbedürfnisse. Auf der anderen Seite ist es notwendig, genau zu versehen, welche technischen Merkmale erforderlich sind, um die Kundenbedürfnisse zu erfüllen. Dies wiederum bedingt, dass eine Firma an der einen oder anderen Stelle zunächst einmal lernt, und sich die Zeit dazu nimmt. In diesem Zusammenhang bin ich heute auf eine vielversprechende Studie gestoßen, die sich mit der Frage befasst, ob “Die Schnellen wirklich immer die Langsamen fressen” (siehe → Wer zu früh kommt, den bestrafen die Kunden – auf www.handelsblatt.de)

Markterweiterung

Die unüberlegte Markterweiterung kommt in meiner Erfahrung oft dann zustande, wenn Unternehmen sich und die Märkte missverstehen in denen sie sich bewegen. Das passiert sehr leicht, wenn nicht auf allen Ebenen des Unternehmens in der ausreichenden Sorgfalt mit den Kunden gesprochen wird. Eine andere Fehlerquelle ist, wenn Erfahrungen aus dem einen Markt zu schnell auf einen anderen Markt übertragen werden, weil man glaubt, den neuen Markt verstanden zu haben.

In diesem Zusammenhang halte ich zwei Ansätze für vielversprechend:

  • (Konventionell:) Gespräche mit Kunden
  • (Unkonventionell:) Eine Technik, die sich mit der Erfassung des Groundswell befasst. Hierbei werden die neuen sozialen Techniken im Internet eingesetzt, um Kunden zuzuhören

Eine vielversprechende Webseite für die letztgenannte Technologie habe ich heute unter http://groundswelldiscussion.com/groundswell bei der Analystenfirma Forrester Research, Inc. gefunden. Dort werden einige interessante Beispiele vorgestellt.

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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