Bevor ich mit dem zweiten Teil der Serie zum „Wandel von Verkäufer- zu Käufermärkten“ weitermache, möchte ich mich einer Frage zuwenden, die neulich ein Besucher beantwortet wissen wollte.
Ihm ging es um mögliche Gliederungen für einen Business Case (Geschäftsplan).
Der Begriff des Business Cases taucht in unterschiedlichen Kontexten, mit jeweils eigenen/abgewandelten Gliederungen in der Fachliteratur auf. Im Rahmen der Produktentwicklung werden zum Beispiel die Geschäftspläne des Produktmanagers dazu verwendet, um ein neues Entwicklungsvorhaben zu beschreiben.
In anderen Geschäftsplänen geht es zum Beispiel um die Gründung eines Unternehmens. Während die Finanzierung bei der Unternehmensgründung ein wichtiger Punkt mit eigenen Kapiteln ist, sind bei der Produktentwicklung normalerweise eher andere Aspekte relevant.
Hier geht es mir um eine mögliche Gliederung eines Business Cases für Produktentwicklungen. Dieser beantwortet im Wesentlichen die folgende Frage: „Was sollten wir, warum entwickeln, und inwieweit wird sich die Investition lohnen (finanziell, und für Kunden)?“
Eine weitere Dimension ergibt sich daraus, dass es sich bei größeren Unternehmen normalerweise um Mehrproduktanbieter handelt. Dort existieren mehrere Entwicklungsvorhaben, und -bedarfe, und es entstehen Business Cases, zwischen denen ggfs Abhängigkeiten bestehen. Hier ist ein Gesamtzusammenhang notwendig, der normalerweise nicht in dem klassischen Business Case enthalten ist, sondern eine Erweiterung darstellt.
Der eigentliche Business Case sollte alle Information zu einer Entwicklungsidee zusammenfassen, die die Entscheider benötigen, um über eine Umsetzung zu befinden.
Normalerweise werden in dem Business Case größere Vorhaben im Sinne einer Investitionsrechnung behandelt. Hierbei werden die Aufwendungen den möglichen Erträgen gegenübergestellt. Da eine Produkterweiterung/ Abrundung meistens nicht als Investition verstanden werden kann, halte ich es für sinnvoll, nur in definierten Fällen überhaupt einen kompletten Business Case zu erarbeiten.
Folgende Information sollte in einem Business Case enthalten sein:
Zunächst sollte geklärt werden, vor welchen Problemen, und Herausforderungen Kunden im Istzustand stehen. Hierzu ermittelt man die Einsatzbereiche des Entwicklungsvorhabens, und den gegebenen Stand des Wissens in diesem Gebiet. Im nächsten Schritt wird der Zielzustand beschrieben, und es wird festgehalten, wo dem Zielkunden, der die neue Lösung einsetzen wird, welcher Nutzen entsteht. An dieser Stelle behandelt man gegebenenfalls die größeren Markttrends, die von dem Vorhaben unterstützt werden.
Weiterhin erarbeitet man sich ein Verständnis über den Punkt, den das Vorhaben im → Produktlebenszyklus einnimmt. Diese Angabe ist wichtig, weil die Kosten und Risiken eines Markteintrittes auch davon abhängen, wie neu die relevanten Produktkategorien sind. Auch unterscheidet man junge Produkte/ Linien, in denen größere Investitionen sinnvoll sind, von reiferen Produkten, bei denen eher auf die Verwertung geachtet werden sollte.
Eine weitere Betrachtungsebene betrifft das Kundensegment (Industrie, Firmengröße, etc), um ggfs die unterschiedlichen Segmente abdecken zu können.
In dieser Phase ist unmittelbarer Kundenkontakt unabdingbar, und ein intimer Einblick in die Kundensituation, und die Kundenwünsche.
Bei der Ermittlung der finanziellen Ergebnisse wird untersucht, welche Mengen des neuen Produktes in den nächsten Jahren, d.h. mittelfristig, zu welchen Preisen abgesetzt werden können, und welcher Gewinnbeitrag aus dem neuen Produkt zu erwarten ist. Im Ergebnis spiegelt das finanzielle Ergebnis die Ertragsseite wider, die sich aus der geplanten Entwicklung ergeben würde.
Da es sich hierbei um Planwerte handelt, ist es sinnvoll, ggfs mehrere alternative Umweltszenarien zu betrachten.
Mehrproduktunternehmen verfolgen für gewöhnlich einen Zielkatalog, der sich aus der Unternehmens-, und der Bereichsstrategie herleiten läßt. Im Rahmen der Datenerhebungen zu einem Business Case wird festgelegt, welche dieser Ziele, und welche Strategie mit dem Entwicklungsvorhaben unterstützt wird. Dies ist notwendig, da sich nicht jedes Entwicklungsvorhaben an sämtliche Unternehmensziele richtet, und ein ausgewogener Mix sinnvoll ist.
Neuentwicklungen erfordern generell Aufwendungen für die Entwicklung, Lieferung, aber auch die spätere Wartung und Unterstützung des neuen Produktes. Diese werden ebenfalls mehrjährig abgeschätzt, ggfs unter Zugrundelegung von alternativen Scenarien. Weiterhin sollte man die ggfs notwendigen Folgekosten nicht vergessen, wie z.B. Verschrottungskosten am Ende des Produktlebenszyklus.
Aus der Gebenüberstellung der Kosten mit den Erträgen läßt sich der → Return on Investment berechnen, d.h. der Zeitraum, der notwendig ist, um die Investition wieder einzuspielen. Es liegen Erfahrungswerte vor, die einem eine Idee geben, inwieweit die Investition lohnend ist, oder nicht. Zum Beispiel ist im Investitionsgüterbereich eine Rückzahlungsperiode von drei Jahren schon verhältnismäßig unvorteilhaft.
Da sich normalerweise nicht sämtliche Gründe, die für/ gegen eine Investition sprechen, quantifizieren lassen, sollte man ebenfalls eine Beschreibung solcher Aspekte anfügen.
Inbesondere in Mehrproduktunternehmen behandeln Business Cases zu einzelnen Vorhaben Teilaspekte eines übergeordneten Gesamtsystems. Daher ist eine informatorische Klammer um alle Business Cases sinnvoll, die die folgenden Themen addressiert:
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: