Industrie 4.0 und die Produktionsarbeit der Zukunft

Neulich habe ich einen Vortrag zu den Themen „Industrie 4.0„, und „Cyber Physical Systems“ gehört, der in mehr als einer Beziehung interessant war.

Letztendlich greift die Forschung unter diesem Titel ein Thema auf, daß bereits vor 30 Jahren unter dem Oberbegriff „Computer Integrated Manufacturing (CIM)“ heiß diskutiert wurde, aber erst heutzutage (technisch) richtig möglich wird.

Gleichzeitig wird die überragende Bedeutung einer leistungsfähigen Industrie für das ökonomische Wohlergehen eines Land betont, während die Presse vermeldet, daß viele Firmen noch nicht gut gerüstet sind, um die neuen Trends zuzusetzen.

Kurze Definition

Hier finden Sie einige Quellenhinweise, die Ihnen das Thema und seine Bedeutung vermitteln sollen.

In der Zukunftsfabrik

In der Zeitung „Die Zeit“ ist unter dem Titel „In der Zukunftsfabrik“ (siehe Artikelverweis in „weiterführende Informationen„) ein Artikel erschienen, der an einem konkreten Beispiel zeigt, wie sich die Produktionsmöglichkeiten ändern, seitdem die IT Einzug hält:

„Die angehenden Ingenieure und Ökonomen haben in der Vorlesung gelernt: Immer mehr Maschinen kommunizieren über das Internet. Fabriken werden autonomer. Und deshalb werden in Zukunft Industriegüter völlig anders hergestellt als heute. Im Prinzip.

Die Fabrik des neuen Typs hingegen wird viele kleine und größere Abweichungen von der Massengestalt zulassen. Im Extremfall: Einzelanfertigung, das hieße Losgröße eins.“

Ermöglicht werden die angesprochenen kleinen Losgrößen durch eine Fertigungstechnologie, die die flexible, automatisierte Produktion unterstützt  – bis hin zur Losgröße eins. Gleichzeitig sorgt das Internet dafür, daß Kunden ihre Produkte individuell konfigurieren können.

Wirtschaftliche Bedeutung

In einer Studie mit dem Titel „Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0“ (siehe „weiterführende Informationen„) zeigt das Fraunhofer Institut, wie wichtig eine große industrielle Basis für ein Land ist:

„Abbildung 3: Der Industrie-Anteil am BIP ist von 2001 bis 2012 in fast allen europäischen Ländern stark gesunken – Deutschland ist das einzige westeuropäische Land mit einem Anstieg

Vor allem die Finanzkrise rund um den Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers führte bei vielen Verantwortlichen zu einem Umdenken. Vier Jahre nach Beginn der Banken- und Wirtschaftskrise, die am 15. September 2008 mit der Insolvenz von Lehman Brothers begann, wird vielerorts wieder ein starker industrieller Kern als Grundlage für Prosperität und Wohlstand einer Region gesehen. Gerade in Deutschland rückt diese Ansicht momentan in den Fokus. Dies liegt daran, dass Deutschland – rückblickend betrachtet – gestärkt aus der Finanzkrise herausgegangen ist.“

Gleichzeitig verdeutlicht die Studie den gegenwärtigen Stand der Technik, und formuliert in acht Hauptaussagen die Erwartungshaltung an die Produktionsarbeit der Zukunft. Darunter befinden sich Entwicklungen, wie die oben erwähnte Entwicklung hin zur Automatisierung bis Losgröße eins, und weitere.

Acatech

Die „Deutsche Akademie der Technikwissenschaften“ (Acatech) koordiniert die Bemühungen der deutschen Industrie, dieses Thema zusammen mit der Politik voranzubringen. Auf der entsprechenden Themenseite führt Acatech das Thema wie folgt ein:

„Mit dem Einzug des Internets der Dinge, Daten und Dienste in die Produktion bricht ein viertes industrielles Zeitalter an. Deutschland hat das Potenzial zum internationalen Leitmarkt und Leitanbieter in der Industrie 4.0 und den damit verknüpften Diensten. Aus diesem Wandel kann ein neues Wirtschaftswunder „Made in Germany“, können Wertschöpfung und Arbeitsplätze entstehen. Dafür müssen zahlreiche technologische, rechtliche und gesellschaftliche Vorraussetzungen geschaffen werden. „

Ein Schaubild zeigt, daß die „Smart Factory“ eingebettet ist in das „Internet der Dinge“ (hier tauschen sich Computer miteinander aus), und in das „Internet der Dienste“ (die Verbindung zur Außenwelt).

Die einzelnen Teilbereiche, die diese neue Fabrik umfaßt, sind die „Smart Grids“ , „Smart Mobility“, „Smart Logistik„, „Smart Buildings„, und „Smart Products„. Anders gesagt: die neuen Produktion erfordert Anpassungen auf vielen unterschiedlichen Gebieten, und sie erfordert eine internetbasierte, serviceorientierte Struktur.

Hinterherlaufen

Nun könne man erwarten, daß die Firmen aktiv dabei sind, sich in die neun Themen einzuarbeiten. In dem Handelsblatt-Artikel „Verlassenes digitales Feld“ hingegen ist zu lesen, daß die Digitalstrategie vieler Firmen den Anforderungen der Zukunft noch nicht gerecht wird

„Infos, Daten, Algorithmen: Immer weniger Firmen teilen sich wichtige Märkte. Die vierte industrielle Revolution hat längst begonnen – doch viele Konzerne vernachlässigen ihre Digitalstrategie….

Eine Untersuchung der Beratung Accenture zeigt, dass von den Top-500-Konzernen in Deutschland die Hälfte der digitalen Entwicklung hinterherläuft. Quer durch alle Branchen überlassen sie den jungen, aggressiven Start-ups das Feld. „

Wenn man sich die Einzelprojekte auf der oben erwähnten Acatech Homepage näher ansieht, fällt auf, wie viele IT Themen eine hohe Relevanz haben – angefangen bei der Datensicherheit, über das Cloud Computing, bis hin zu den internetbasierten Diensten. Gleichzeitig geht es auch um neue Verfahren zur Produktentwicklung („Resilence by Design“). Deshalb kann man verstehen, warum eine fehlende IT Strategie als problematisch angesehen wird.

Fazit

Das Thema „CIM“ hat mich schon vor Jahrzehnten begeistert, war nur damals „vor dem Internet“ wegen fehlender Technologien nicht umsetzbar. Bereits damals stand die Idee im Raum, daß man bald automatisiert vollkommen individuelle Produkte wird produzieren können.

Damals krankte das Thema an mindestens zwei weiteren konzeptionellen Schwachpunkten, bei denen man heute wohl gelernt hat:

  • Man ging davon aus, daß man die Fertigung würde zentral planen und steuern können, a la Planwirtschaft.
  • Man hatte die menschenleere Fabrik im Sinn.

Heute sind die Bedingungen anders, und das Konzept erscheint erfolgversprechender. Beispielsweise gibt es das Internet („Erfahrung“), und man hat die wichtige Rolle des Menschen anerkannt.

Für das Produktmanagement wird die Entwicklung interessant werden, und gleichzeitig die Schwerpunkte verschieben. Auf der einen Seite können die ganzen Aktivitäten wegfallen, die sich mit der Frage befassen „Was wollen Kunden?“ (die Kunden spezifizieren ihre Produkte in Zukunft selbst). Auf der anderen Seite werden die Aktivitäten wichtiger, die heute unter das „Business Development“ fallen (Wie müßen die Geschäftsmodelle aussehen, mit denen sich das Geld verdienen läßt?).

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Folgeartikel zum Thema gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen.

In der Online Version des Artikels finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

Comments are closed.