Warum Innovatoren nicht immer gewinnen

Gupta und Dingman haben kürzlich im Forbes Magazin über die Gründe geschrieben, die dazu führen, daß der Erfinder einer Technologie nicht auch zum Marktführer wird – wie es so oft geschieht.

Diesen Artikel möchte ich zum Anlass nehmen, mir einige Gedanken darüber zu machen, welche Faktoren noch hinzu kommen müssen, damit ein Innovator auch ökonomisch erfolgreich wird.

4 Gruende

Gupta und Dingman nennen vier Gründe die dazu führen, das ein Erfinder oft später nicht der Marktführer ist. Um nur ein Beispiel zu nennen: So hat zwar Apple dem Personal Computer entwickelt. IBM ist damit jedoch in den frühen Jahren als erstes Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich gewesen.

In den folgenden Absätzen gehe ich auf diese Gründe ein.

Interlectual Property Rights

Ein wichtiger Grund ist für die Autoren der, daß es viele Erfinder nicht schaffen, ihr geistiges Eigentum angemessen zu schützen.

The first and most common reason why innovators lose out to shrewd followers is an inability to protect one’s intellectual property rights.

Ein Indiz dass diese Einschätzung stimmen könnte: So las ich zum Beispiel gerade neulich in einer Zeitung, daß es gerade kleine Unternehmen nicht glauben, dass sie ausspioniert werden könnten. Sie gehen deshalb dementsprechend lax mit Sicherheitsthemen um.

In Wahrheit sind aber auch die Erfindungen, die in Kleinunternehmen gemacht werden, interessant für potentielle Wettbewerber, und die objektive Bedrohungslage sieht offenbar schlechter aus.

Ich persönlich halte die zunehmender Anzahl von Patentstreitigkeiten für ein gutes Indiz dafuer, dass man an dieser Stelle mehr machen sollte.

Innovation als Rennen, das nie endet

Ein zweiter Grund ist, das ist viele Unternehmen nicht schaffen, Innovationen frühzeitig als einen dauerhaften Prozess zu etablieren. Spätestens in der zweiten Runde werden die ehemaligen Erfinder dann überholt von Firmen die frühzeitiger als sie in ihre Prozesse investiert haben.

A second reason why innovators often cede the ground to followers is overlooking the fact that innovation is a never-ending race. You may be the pioneer in round one. However, if you get overly focused on exploitation and not enough on ongoing exploration, a competitor could learn from and leapfrog over you in round two.

Das diese Einschätzung stimmen könnte, beobachtet man immer wieder (Gerade neulich habe ich dies zum Beispiel bei einer Software beobachtet mit der man seine Bankguthaben verwalten kann: Marktführer auf dem iPad und die PC-Version ist schlecht gemacht, teuer, und sie wird nur mäßig unterstützt).

Gerade in kleinen Firmen tritt das Gründerteam an, und investiert alle Ressourcen in die Entwicklung des ersten Produktes. Sobald dieses Produkt dann am Markt platziert ist, und der Erfolg einsetzt, kommen die ersten Serviceanfragen, und die Kapazitätsgrenzen sind schnell erreicht.

Das zweite Produkt ist schon längst nicht mehr so innovativ wie das erste, was einen ja auch nicht wundert, weil neben dem Tagesgeschäft kaum Zeit übrig bleibt, um strategisch vorzugehen. Wer es überlebt, kommt früher oder später auf die Idee, das dritte Produkt strategischer zu entwickeln.

Fehlender Kundenfokus

Den dritten Problembereich kann man häufig bei technologieorientierten Gründungen sehen, aber auch in Firmen, die den Übergang zum marktorientierten Unternehmen noch nicht geschafft haben. Die Entwickler entwickeln am Stand des technologisch machbaren, vergessen aber an die Benutzbarkeit der Produkte zu denken oder sie verlieren Kundennutzen oder Geschäftsmodell aus den Augen.

A third important factor why innovators don’t always win has to do with excessive devotion to technological wizardry and not enough to usability and customer benefits. …. What customers care about is ease-of-use and derived benefits, not technological innovation per se

In dem Buch Business Modell Generation von Osterwalder und Pigneur wird dieser Aspekt im Detail ausgearbeitet, und auch ich beobachte es jeden Tag. Oft unterscheiden sich die Wünsche, die Kunden an ein Produkt stellen von den Features die verwirklicht werden.

Auch hat es manchmal den Anschein dass sich viele Entwickler nicht klarmachen, wie viel wichtiger zum Beispiel die Usability gegenüber der funktionalen Breite einer Software ist.

Fehlendes Gesamtprodukt

Viele Firmen übersehen auch, daß ein Produkt oft nicht nur aus der Hardware besteht, sondern auch aus ergänzenden Elementen dieses Produkt abrunden. Ein Beispiel hierfür sind die Apps, die erst dafür sorgen dass ein Smartphone komplett wird.

The fourth, least obvious and often the most potent reason why innovators don’t always win, has to do with blindness to the importance of complements. …. Far too many innovators overlook the critical role that complements play in enabling the company to win the hearts, minds, and wallets of end customers.

Eigene Erfahrungen

Speziell die drei letztgenannten Punkten kann ich nur unterstreichen, da ich sie so oder so ähnlich in vielen Firmen bereits gesehen habe.

Strategische Vorgehensweise

Um hiermit umzugehen, sollte ein Erfinder strategisch an sein Produkt herangehen. Auch erscheint es mir wichtig, daß er bereits frühzeitig an die Wachstumsphase denkt, und Vorbereitungen trifft.

Im Rahmen der organisatorischen Professionalisierung sollte man Funktionen vorsehen, wie zum Beispiel das Produktmanagement, das diesen Beitrag zur Professionalisierung leisten kann.

Mögliche Elemente einer Strategie

Um klarzumachen wie eine zukunftsfähige Strategie aussehen könnte, möchte ich Ihnen vorstellen, wie Microsoft seine frühere Marktdominanz geschaffen hat (siehe →Apple vs. Google: Lessons from Bill Gates’ playbook).

Die dort genannten Faktoren sind insbesondere im Softwaregeschäft sehr wichtig:

  • Integration: Microsoft hat deswegen viele Märkte dominiert, weil die Software eine Architektur aufwies, die es erlaubt hat die gleiche Software für neue Kundenbedürfnisse flexibel zusammenzufügen. So konnte man Produkte der Wettbewerber nicht nur nachbauen sondern sogar funktional übertreffen. Für einen Erfinder, der dies nachmachen will, bedeutet dies, dass er gleich zu Beginn auf die Produktarchitektur achten sollte.
  • Plattformstrategie: Über eine Plattformstrategie hat es Microsoft erreicht, daß die Software unabhängig von der Hardware wurde, und so lauffähig auf verschiedenen Plattformen war, was den Markt sichtbar vergrößert. Eine Entwickler eines neuen Produktes, dem dies wichtig ist, sollte sich daher überlegen wie er sein Produkt so gestalten kann, das es unabhängig wird und universell verwendbar.
  • Netzwerkstrategie: Microsoft hat den unabhängigen Entwicklern viele Vorteile geboten (Tools, Geschäftsmodelle, Marketingsprogramme), und damit erreicht, daß diese sich an der Entwicklung beteiligt haben. Dadurch hat eine neue Software direkt die notwendige Unterstützung durch die Gemeinschaft erhalten. Übersetzt bedeutet dies: Man sollte auch daran denken, sich frühzeitig strategische Partnerschaften aufzubauen.
  • Commoditization: Microsoft hat viele Produktideen in sein eigenes Produkt übernommen, und allgemein verfügbar gemacht. Anstatt woanders zu kaufen, haben die Kunden bei Microsoft viele Funktionalitäten umsonst erhalten. Ähnliche Strategien beobachtet man bei Internetfirmen, die zunächst versuchen, über kostenlose Angebote an möglichst viele Nutzer heranzukommen.
  • Universell oder Speziell: Ein Nebeneffekt der Commoditization ist, dass das Produkt jegliche Bedarfe befriedigen kann und soll, und damit funktionell immer mächtiger und universeller einsetzbar wird. Im Gegensatz dazu steht eine Strategie, bei der man sich auf wenige Segmenten konzentriert, diesen aber sehr hochwertige Produkte anbietet.

Fazit

Wie man nun auch an die Frage herangeht. Mir erscheint die Erkenntnis besonders wichtig, daß es nicht ausreicht, nur kreativ zu entwickeln. Vielmehr ist es wichtig, daß man neben der Innovation an den Fähigkeiten der Organisation arbeitet, die Kreativität auch kommerziell zu nutzen.

Weiterführende Informationen

… im Internet

Im Internet finden Sie weiterführende Artikel:

… auf www.Produkt-Manager.net

In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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