Ist der Standort Deutschland weniger innovativ, als andere Standorte?

Gerade in der IT Industrie trifft man manchmal Leute, die bezweifeln, daß der Standort Deutschland ausreichend innovativ ist.

Selbst hochrangige Manager oder gar die Presse verkünden schon mal die Weisheit, daß man innovative IT Produkte eigentlich nur in den USA entwickeln kann, oder neuerdings in Indien oder China, aber nicht hier.

Auch die Debatte zur Eurokrise wird letztendlich teilweise mit ähnlichen Argumenten geführt. Ich erinnere mich da an Aussagen, die den südlichen Mitgliedsländern die Fähigkeit absprechen, im globalen Wettbewerb mitzuhalten. Wobei dann immer die Vermutung nach der eigenen Überlegenheit mitschwingt.

Ein alter Ausspruch des ehemaligen Managers des Autoproduzenten Jaguar (John Eagan) hilft mir heute dabei, solche Überzeugungen zu relativieren, und einige Grundlagen der Innovationskräfte eines Standortes zu benennen.

Sind Asiaten klüger und leistungsfähiger?

Die aktuelle Ausgabe des Fachblatts der Deutschen Wirtschaftsingenieure (t&m – Technologie & Management) setzt einen Schwerpunkt auf das Thema Innovation.

In seinem Fachartikel „Euro-Zone: Club der 17 Freunde„, der mir nur gedruckt vorliegt, bringt Prof. (Em.) Müller-Merbach einen Satz, der den eingangs genannten Gedankengang relativiert. Er schreibt (Hervorhebung/ Kursivsetzung durch mich):

„Sind die Asiaten etwa klüger, leistungsfähiger, ideenreicher, fleißiger und leistungsbewusster usw. als die Südeuropäer?

Diese Frage stellte in analoger Form auch John Eagan, der 1980 die Geschäftsführung des britischen Autoproduzenten Jaguar am Tiefpunkt der Jaguar-Krise übernahm und die Firma zu neuen Erfolgen führte: „There are companies going out of business today because they don’t believe that British people can work as well as Germans or Japanese – this is simply not true. If management are willing to lead and to insist on hard work and excellence, they can succeed“ (Müller-Merbach 1985, S.29)“

Letztendlich behauptet der Manager, daß mangelnde Innovationskraft nicht an den einzelnen Bürgern oder Mitarbeitern liegt, sondern an Mängeln in der Führung.

Den Gedankengang in Eagan’s Satz würde ich so übernehmen, außer, daß ich vielleicht das Wort „hard work“ durch das Wort „intelligent work“ ersetzen würde.

Mit dieser Ersetzung will ich klarmachen, dass es nicht um 15 Stunden Arbeitstage der Mitarbeiter geht, sondern um den intelligenten Einsatz der Ressourcen.

Wurzeln der Innovationskraft

Doch was steht in dem zitierten Absatz eigentlich genau?

Wettbewerbsvorteile sind erlernbar

Letztendlich bedeutet die Aussage doch, daß nicht irgendwelche gottgegebenen Wettbewerbsvorteile dafür verantwortlich sind, daß eine Firma oder ein Land vorankommt, sondern dass dies gute und innovative Produkte sind, die die Erwartungen von Kunden übertreffen.

Wie man gute und innovative Produkte baut, kann man lernen, und es gibt diverse (Produktmanagement-) Techniken, die einen hierbei unterstützen.

Speziell die hiesige IT ist in dieser Beziehung nicht schlecht aufgestellt, da es hier einen großen Pool von ausgebildeten Menschen gibt, und viel Erfahrung mit wettbewerbsfähigen Produkten.

Gute Produkte fallen nicht vom Himmel

Weiterhin steht dort implizit, daß diese wettbewerbsfähigen Produkte nicht vom Himmel fallen, sondern eben durch die Tatkraft der Mitarbeiter/ Bürger entstehen.

Auch ist offenbar der effiziente Einsatz der Ressource Mensch notwendig, und damit Arbeitsmethoden, die dies erreichen.

Um diese beiden Faktoren zu stärken, gibt es ebenfalls Methoden:

  • Motivationstechniken,
  • Fokus auf Qualität, und
  • Arbeitsmethoden, die dafür sorgen, daß Entscheidungen dort getroffen werden, wo sie hingehören – bei den Bürgern/Mitarbeitern.
  • Training und Ausbildung.

Der Griff an die eigene Nase

Indirekt wird ausgedrückt, daß sich ein Management zunächst einmal selbst an die Nase fassen solle, bevor es Mitarbeitern/ Bürgern an einem Standort die Fähigkeit zur Innovation abspricht.

Die Qualität des Management nimmt einen hohen Stellenwert bei der Gestaltung einer effizienten Organisation ein, ist aber auch wichtig, um den Standort selbst zur Exzellenz zu bringen.

Steve Jobs fällt mir hier als ein Rollenmodell ein. Persönlich soll er zwar kein angenehmer Zeitgenosse gewesen sein.

Er hat es aber immerhin geschafft, seine Firma so auszurichten, daß sie sich auf wenige Produkte konzentiert, diese aber mit einem sehr großen Exzellenzanspruch gestaltet haben.

Ob alle Manager, die das Outsourcing fordern, in der gleichen Liga spielen, wäre zu bezweifeln.

Sonstige Faktoren

Neben dem Rollenbild des Management sind weitere Faktoren und Rahmenbedingungen notwendig.

Aufgeräumtes Haus

Finanzwirtschaftliche Restriktionen können Innovation obsolet machen.

Ein Land in einer Wirtschaftskrise oder eine Firma, die finanziell unter Druck steht, wird von außen bestimmt. Wenn man sparen muss, wird teilweise auch die Fähigkeit eingeschränkt, innovative Produkte zu entwickeln  – obwohl sich das Sparen und Anpassen letztendlich nicht vermeiden läßt, wenn es zu spät ist.

Man sieht an den europäischen Schuldenländern, wie nachhaltig Sparzwänge die Wirtschaft bestimmen, und damit, wie wichtig frühzeitige Anpassungen sind.

Neben stabilen Verhältnissen sollte man Mitarbeitern, oder Bürgern durch Bildung und den Wegfall sinnloser Regeln die Chance geben exzellent zu arbeiten. Innerbetrieblich helfen Methoden, wie Scrum und Trainings.

Am Ende beutet dies auch, daß man dafür sorgen, dass die Früchte der harten Arbeit auch gerecht verteilt werden.

Kritikfähigkeit behalten

Manche globalen Entscheidungen „großer“ Wirtschaftsführer sind zweifelhaft.

Beispielsweise haben insbesondere die USA und Grossbritannien Politiken betrieben, den Produktionssektor outzusourcen, während man sich einseitig auf die Bankenszene konzentiert hat.

Im Nachhinein kann diese Entscheidung angezweifelt werden.

Weiterführende Informationen

… im Internet

Im Internet finden Sie weiterführende Artikel, in denen Sie mehr Informationen über die vorgestellten Konzepte:

… auf www.Produkt-Manager.net

In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

Managementtechniken in innovativen Firmen

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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