Design Thinking Schnellstartanleitung

Die klassische Entwicklungslehre in einem Scrumumfeld geht davon aus, dass jedes Teammitglied jede Aufgabe übernehmen kann.

In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass sich ein Entwicklungsteam relativ schnell über neue Anforderungen und Lösungswege Klarheit verschaffen muss, auch dann, wenn nur wenige Teammitglieder Experten sind.

Oft ist auch nicht jedes Entwicklungsteam so umfassend geschult, dass es sofort mit dem entwickeln anfangen kann. Hinzu kommt das die Anforderungen oft so komplex sind, dass man zunächst eine Methode benötigt, um beim Verstehen der Anforderungen strukturiert vorzugehen.

Für solche Teams möchte ich mir heute Gedanken über eine Art Schnellstartanleitung in das Thema Design Thinking machen.

Typische Ausgangslage

Gerade wenn Sie komplexe Anwendungssoftware herstellen, beobachten Sie sicher häufiger, dass das Know-how sehr weit gestreut ist. Auf der einen Seite kennt nicht jeder im Team und auf Stakeholderseite die Software im Detail, die zur Verfügung steht.

Auf der anderen Seite hat jeder eine unterschiedliche Auffassung von den Kundenanforderungen, und den speziellen Kundenproblemen, oder das Wissen über diese Anforderungen ist verteilt.

Hinzu kommt das nicht jedes Team in den Requirementsmethoden ausgebildet ist, und damit oft nicht weiß, wie es vorgehen soll, um ein Thema zu klären.

Solche Teams brauchen eine Schnellstartanleitung in die klassische Produktmanagementmethoden.

Requirementsmethoden

Es gibt unterschiedliche Methoden, die man verwenden kann um in einem Team eine Lösung zu erarbeiten. Die Methode des Specification by Example lässt sich gut verwenden, um grobe Anforderungen genauer und mit Beispielen zu spezifizieren. Sie hilft ein nur leider nicht weiter, wenn man eine Vorgehensmethode sucht, die den gesamten Prozess abdeckt.

Die Designthinkingmethode besteht im Gegensatz dazu aus Elementen, die man gut hierfür einsetzen kann, auch dann, wenn man am Ende nicht die gesamte Methode einsetzt.

Design Thinking Methode

In dieser Methode besteht der Designprozess aus sieben Schritten

  • In der Definitionsphase werden Designproblem und Zielgruppe definiert
  • Die Recherche erhebt Informationen zur Geschichte des Problems, man sammelt Marktdaten und Informationen über Hemmnisse, die bisher eine Umsetzung verhindert haben
  • Bei der Ideenfindung werden die Bedürfnisse der Kunden ermittelt und Ideen hierzu entwickelt
  • In der Prototypingphase werden Prototypen ausgearbeitet
  • In der Auswahlphase werden die interessantesten Alternativen ausgewählt
  • Das interessanteste Design wird in der Umsetzungsphase ausgearbeitet
  • Der anschließende Lernzyklus hilft dem Entwickler seine Fähigkeiten zu perfektionieren.

Design Thinking Light

Nehmen wir an, Sie stehen mit Ihrem Team vor der Aufgabe, ein neues Thema für sich zu strukturieren, ohne gross in Methoden investieren zu können. Sie wollen aber zusammen mit dem Team in einer überschaubaren Zeit ein Gesamtkonzept zu dem Thema erarbeiten.

Für solche Anwendungsfälle empfehle ich Ihnen eine strukturierte und moderierte Brainstormingsession die aus folgenden Teilen besteht. Diese orientiert sich am Design Thinking Ansatz, und sollte von einem Moderator aus dem Team begleitet werden, der die einzelnen Sitzungen vorbereitet:

  • Methode erklären und gemeinsames Verständnis über die Kundenanforderungen erheben
  • Eigenschaften der zur Verfügung stehenden Technologie klären
  • Lösungsmöglichkeiten entwickeln, gerne als Prototyp
  • Lösungsalternativen strukturieren, und geeignete Lösung auswählen

Schritt 1a: Brainstormingsession Kundenanforderung

Organisieren Sie eine Brainstormingsession, mit der Sie zunächst versuchen den Lösungsraum zu beschreiben. Da nicht jeder im Team methodisch geschult ist, geben Sie zunächst einen kurzen Überblick über die Methode.

Fragen Sie dann Ihr Team nach dem typischen Kundenanforderungen, die dem Team geläufig sind, und nach Daten und Informationen die diese Anforderungen beschreiben.

Um zu einem gemeinsamen Verständnis beizutragen, ist es meiner Erfahrung nach jeweils wichtig zu fragen,

  • Was wissen wir, was der Kunde will und
  • Was wissen wir, warum er dies will.

Hier einige Beispiele aus einer Software für einen Bankterminal:

  • Der Kunde will schnell und rund um die Uhr Geld abheben
  • Sein Geld soll dabei sicher sein, und gegen unerlaubten Zugriff gesichert
  • Der Kunde möchte gleichzeitig sicherstellen dass er sein Konto nicht überzieht
  • Bei den bisherigen Lösungen Haben viele Kunden Angst, betrogen zu werden

Schritt 1b: Brainstormingsession vorhandene Technologie

In der gleichen Session, können Sie mit analogen Methoden Informationen über die gegenwärtige Technologie erheben. Meiner Meinung nach, sollten Sie auch hier feststellen

  • Welche Technologie haben wir
  • Was haben wir uns mit dieser Technologie gedacht

Beispiele für ein Bankenterminal

  • Wir können PIN Karten oder biometrische Merkmale verwenden, damit sich ein Benutzer identifiziert (aber nicht zusammen)
  • Die Software prüft den Kontostand ab, bevor sie eine Eingabe akzeptiert. Dies bedeutet aber auch, dass man nur dann abheben kann wenn es Guthaben gibt.
  • Der Bankautomaten sind so gebaut, daß sie frei zugänglich sein können aber nur indirekt gegen Manipulationsversuche gesichert werden können.

Sprechen Sie am Ende dieses Bearbeitungsschrittes vielleicht kurz Lösungsalternativen an.

Diese sollten so gestaltet sein, dass sie die Kundenanforderungen abdecken. Auf der anderen Seite sollten sie aber die technologischen Möglichkeiten berücksichtigen.

Schritt 2: Lösungen entwickeln

Oft ist es sinnvoll dass sich Ideen erst einmal in Einzelarbeit entwickeln, da Sie so am besten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zurechtkommen.

Geben Sie Ihrem Team nun die Gelegenheit und die Aufgabe, in den nächsten Tagen Ideen zu entwickeln.

Stehen Sie hierbei vielleicht für Rückfragen zur Verfügung.

Schritt 3: Lösungen auswählen

Nachdem Ihr Team nun einige Tage alleine gearbeitet hat, sollten Sie wieder zusammen kommen um die Lösungsideen näher zu besprechen, und auszuwählen.

Dies Meeting könnte man so gestalten dass jeder zunächst seine Ideen erklärt, und dabei zeigt, inwieweit die Idee die Kundenanforderung abdeckt. Auch sollte dargestellt werden welche vorhandene Technologie genutzt wird.

Hierbei ist es wichtig, dass das Team den Nutzen der Ideen versteht und bewertet.

Am besten benutzen Sie eine formale Methode um die einzelnen Lösungen zu beschreiben und die Lösung auszuwählen, die den meisten Nutzen hat.

Beispiele aus einen Projekt für ein Bankenterminal

  • Der Terminal sollte in einem Raum stehen, der nicht einsehbar ist.
  • Die Software sollte biometrische Merkmale abfragen und eine Bankenkarte verlangen.
  • Die Karte sollte eingezogen werden es wenn die biometrischen Merkmale nicht übereinstimmen mit den gespeicherten Merkmalen….

One Last Thing

Wenn Sie die Anforderungen, Technologien, Lösungsideen und Auswahlentscheidungen geeignet dokumentieren (zum Beispiel Flipchart), haben Sie bereits eine sehr weitgehende Spezifikation.

Weiterführende Informationen

… im Internet

Im Internet finden Sie weiterführende Artikel:

… auf www.Produkt-Manager.net

In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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