Statusreports – Jeder hasst sie, keiner liest sie

Gerade, wenn Sie im Produktmanagement einer großen Firma arbeiten, kennen Sie Statusreports sicherlich zur Genüge. Manche Manager lieben sie so sehr, daß sie ihre Teams jede Woche mit solchen Reports beschäftigen. Typischerweise werden die Einzelreports der Teams dann über mehrere Hierarchiestufen konsolidiert, und dienen ganz am Ende zur Information des Senior Managements.

Eigentlich kenne ich niemanden, der diese Reports gerne erstellt, und ich sehe auch immer wieder Manager, die den Anschein geben, als hätten sie die Reports überhaupt nicht gelesen. Viel gravierender ist aber noch: Statusreports leiden regelmäßig am „Stille-Post-Syndrom„, d.h. eine negative Statusaussage wird umso positiver, je höher sie in der Hierarchie klettert. Am Ende bekommt das Senior Management eine ganz andere Nachricht vermittelt, als die Nachricht, die ein einzelnes Team formuliert hat.

Die Frage ist: Brauchen wir Statusreports, und wenn ja, wie können wir diese Statusupdates möglichst einfach erstellen, und was sollte in diesen Reports stehen?

Warum mag niemand Statusreports?

Eigentlich möchte das Management mittels Statusbericht erfahren in welchen Bereichen die Entwicklung zielgerichtet vorankommt, und wo es gerade hakt. Getreu der Regel „Management by Exception“ stellt man sich vor, daß man an solchen Stellen leitend eingreifen kann, so man denn den Statusbericht hat.

Ich will nur auf zwei Gründe eingehen, die zeigen, daß Statusreports diesem Anspruch nicht gerecht werden.

Grobe Angaben

In einer großen Firma muß man für einen Statusbericht aber bereits so viele Informationen verarbeiten, daß es naheliegt, daß diese Berichte am Ende nur sehr grobe Angaben enthalten kann. Nun sind die meisten Themen zudem inhaltlich nicht so einfach aufgebaut, als dass es gelingen würde, sämtliche Randinformation darin zu verpacken, die notwendig wäre, um den Status zu verstehen. Auch hängen die Statusinformationen stark vom Manager ab: Der eine liebt Zahlen, der nächste will nur „Probleme“ sehen, etc. Daher ist es weder einfach, den Statusupdate pointiert darzustellen, als auch sich darauf einzustellen, welche Information nun darin erscheinen soll.

Viele Mitarbeiter geben sich trotzdem sehr viel Mühe mit dem Verfassen des Berichts, um darin auf jede Eventualität vorbereitet zu sein. Meiner Erfahrung nach gibt es aber auch Mitarbeiter, die sehr wohl wissen, daß sie die Frage nach den Inhalten trotz Statusreport sowieso noch einmal mündlich beantworten müssen.

Berichte halten von der Arbeit ab

Normalerweise werden Statusinformationen zu festgelegten Zeitpunkten eingefordert. Zu diesen Berichtszeitpunkten ist jedermann damit beschäftigt, die Statusinformationen zusammenzustellen. Da die Reports an das Management gehen, haben sie eine hohe Priorität. Normalerweise unterbrechen diese Sammelaktivitäten daher sehr effektvoll die produktive Arbeit, an z.B. Kundenanforderungen.

Ein weitere Aspekt betrifft die Arbeitsmenge. Weil Reports sich an das Management richten, ist es zudem nicht mit der einfachen Information getan. Besonders, wenn kritische Sachverhalte dargestellt werden, werden Berichte gerne revidiert, oder sonstwie konsolidiert, nur damit die betreffenden Stellen nicht schlecht dargestellt werden. Neben dem immensen Aufwand, den die Berichte erfordern, sind die Informationen dann auch oft schon veraltet.

„Statusseritis“ eindämmen

Es gibt mehrere Möglichkeiten, Statusreports einzuschränken, oder sogar obsolet zu machen. Vorher sollte man sich aber einen Überblick über den jeweiligen Zweck verschaffen, da leider nicht jede Statusinformation eingespart werden kann.

„Legale Teile“ abtrennen

Manche Reports haben „rechtlichen“ Charakter. Zum Beispiel werden Spezifikationen auf eine besondere Art gespeichert, um die Urheberschaft beweisen zu können, oder es werden Teststati erfaßt, um ggfs den Produkthaftungsgesetzen zu genügen.

Bevor man jegliches Reporting einstellt, sollte man sicherstellen, daß solche Informationen auch danach noch erhoben und gespeichert werden. Rechtlich relevante Statusreports, sind also unbedingt wichtig. Sie sollten aber so einfach und simpel wie möglich sein.

Workflows benutzen

Viele Statusinformationen werden gesammelt, um auf Informationslücken aufmerksam zumachen. Wenn zum Beispiel jede Abteilung die Erledigung eines Items zurückgemeldet hat, nur eine Abteilung noch keine Nachricht gegeben hat, möchte und muß man diese Abweichung finden.

Solche Statuslücken lassen sich sehr gut mit (softwarebasierten) Workflows schliessen, indem zum Beispiel eine geschäftskritische Software eingesetzt wird, die die Abweichungen prüft, und die betreffenden Abteilungen informiert.

Methoden

Den größten Effekt haben sicher die Methoden. Auf der einen Seite hilft die Ausrichtung der Entwicklung nach agilen Vorgehensmodellen dabei, viele Statusreports überflüssig zu machen. In einer agilen Entwicklungsabteilung werden zum Beispiel sehr viele Entscheidungen auf Teamebene getroffen, die in einer Abteilung, die nach der Wasserfallmethode arbeitet noch auf Managementebene getroffen wird.

Werkzeuge

Wenn sich Statusanforderungen nicht per Methode obsolet machen lassen, kann man darüber nachdenken, (Software-) werkzeuge einzusetzen, die bestimmte Aspekte der Abwicklung besser unterstützen, und die daneben bessere Daten liefern.

Zum Beispiel können Projektmanagementsysteme dabei helfen, die Erstellung eines Releases zu unterstützen, und den Überblick über den Fortschritt zu behalten. Systeme, die dazu ausgelegt sind, die Bugs- und Kundensupportanfragen zu unterstützen kann man einsetzen, um die gesamte Kundenkorrespondenz der Entwicklung zu managen.

Wenn solche Systeme zudem noch regelmäßig Statusinformationen aufbereiten, sind Sie von einem automatisierten Statusreporting nicht weit entfernt. Wenn Sie zudem Reportingsysteme einsetzen, mit denen sich das Management selbst die erforderlichen Daten zusammensammeln kann, können Sie auch die Daten abhandeln, die sich nicht automatisch verarbeiten lassen.

Incidentmanagement

Das Management will Probleme und Abweichungen in Erfahrung bringen, um darauf reagieren zu können. Trotz aller Automatisierungsbestrebungen handelt es sich hierbei also um wichtige Informationen. Viele konventionelle Reports sind aber nur  eine alternative Audrucksform einer Problembeschreibung, und einer Abweichungsanalyse.

Um Probleme und Abweichungen sinnvoll, und ohne Reportingoverhead bearbeiten zu können, sollten sie sich einen einfachen Prozess installieren, über den Sie an die Problembeschreibungen herankommen, und mit dem Sie die Problembearbeitung managen können. Um zu vermeiden, daß die formulierten Probleme zu unspezifisch werden, sollten Sie die Formulierung von Incidents wenigen Mitarbeitern überlassen, die hierfür ggfs extra geschult sind.

Gute Managementsysteme

Gute Managementsysteme entlasten Ihre Produktmanager, und Entwickler von unnötigen Reportingfunktionen. Guten Systemen sind die folgenden Eigenschaften gemein:

  • Die Datenerfassung erfolgt asynchron und zeitnah, zum Beispiel indem Ihre Entwickler Tools verwenden, mit denen sie die Rückmeldungen quasi mit Erledigung der Aufgabe erfassen können.
  • Die Reports werden automatisch erzeugt, und verdichtet. Dashboards zeigen den aktuellen Status und informieren die betreffenden Personen, sofort, wenn Problem auftreten.
  • Die Reports und die eingesetzten Werkzeuge sind einfach zu bedienen, und es ist einfach, die Statusinformationen jederzeit ohne großen Aufwand zu erfassen. Die Manager sind in der Lage, die für sie relevanten Reports einfach zu erstellen.

Wer je einmal den üblichen manuellen Statusreport geschrieben hat, weiß wahrscheinlich was damit gemeint ist.

Weiterführende Informationen

… auf www.Produkt-Manager.net

In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

Comments are closed.