Gedanken zur „Networked Enterprise“

Bei MyKinsey habe ich einige Zahlen zur Networked Enterprise gefunden, die den derzeitigen Zustand der Internetwirtschaft wiederspiegeln. Aus den Daten kann man ebenfalls Rückschlüsse auf den Nutzen der neuen Web 2.0 Technologien ableiten.

Heute mache ich mir auf der Grundlage dieser Studie Gedanken zur Frage, wie offen oder wie geschlossen Firmen sein sollten, um noch als innovativ durchzugehen (siehe →The rise of the networked enterprise: Web 2.0 finds its payday).

The rise of the networked enterprise: Web 2.0 finds its payday

Der erwähnte Artikel untersucht diverse Kennzahlen für verschiedene Typen von Unternehmungen, in Abhängigkeit von der Nutzung von Web 2.0 Technologien, und stellt sich die Frage, welche Web 2.0-Strategie eine Firma verfolgen sollte. Beispiele für die untersuchten Kennzahlen sind die Reisekosten, die Geschwindigkeit bei der Informationsbeschaffung, oder der Revenue.

Studie und Ergebnis

Befragt wurden mehrere Tausend Personen aus den unterschiedlichen Firmen. Die Firmen unterscheiden sich im Hinblick auf den Umfang, in dem Web 2.0-Techniken verwendet werden, und werden in der Studie einer der folgenden Klassen zugeordnet:

  • Anfänger (Developing)
  • Intern vernetzt (Internally Networked)
  • Externe Netzwerke (Externally Networked)
  • Voll vernetzt (Fully Networked)

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, daß die letzte Gruppe zwar derzeit noch klein ist, dafür aber den höchsten Nutzen aus Web 2.0-Technologien zieht:

„Fully networked enterprises. Finally, some companies use Web 2.0 in revolutionary ways. This elite group of organizations—3 percent of those in our survey—derives very high levels of benefits from Web 2.0’s widespread use, involving employees, customers, and business partners, according to the survey. Respondents at these organizations reported higher levels of employee benefits than internally networked organizations did and higher levels of customer and partner benefits than did externally networked organizations. In applying Web 2.0 technologies, fully networked enterprises seem to have moved much further along the learning curve than other organizations have. The integration of Web 2.0 into day-to-day activities is high, executives say, and they report that these technologies are promoting higher levels of collaboration by helping to break down organizational barriers that impede information flows.“

Handlungsempfehlungen

Der Grundtenor ist, daß die interne und externe Vernetzung als das A+O des geschäftlichen Erfolges gesehen werden, und, daß Firmen deshalb anstreben sollten, zu einer fully networked enterprise zu werden. McKinsey leitet daher aus der Studie die unten aufgezählten Empfehlungen ab, die sich an Vorstände und Chefs richten:

  • Web 2.0 Techniken sollten in die täglichen Abläufe der Mitarbeiter aufgenommen werden.
  • Anwendung und Nutzung sollte durch geeignete Maßnahmen gesteigert werden.
  • Die Firma sollte bereit gemacht werden, sich konstant zu wandeln, um den Informationsfluss zu verbessern, Hierarchien abzubauen, oder talentierte Mitarbeiter flexibler einzusetzten.
  • Web 2.0 – Techniken sollten in die täglichen Interaktionen mit Kunden, Partnern und Mitarbeiter aufgenommen werden, da man so u.a. den Marktanteil steigern kann. Hierbei erzielen insbesondere die voll vernetzten Unternehmen den höchsten Nutzen.

Eigene Erfahrungen und Empfehlungen

Wettbewerb zwischen Netzwerken

Die Vernetzung der eigenen Firmen mit dem Kunden- und Partnerökosystem wird immer wichtiger. Traten früher noch einzelne Firmen im Wettbewerb gegeneinander an, hat sich der moderne Wettbewerb auf den Wettbewerb der Netzwerke verlagert. Der Grund hierfür ist, daß sich so die einzelnen Firmen spezialisieren können, trotzdem in der Lage sind, komplette Angebote anzubieten.

Gerade in der IT sieht man verschiedene Beispiele für eine solche Strategie. Beispielsweise verbindet der iTunes Marktplatz unterschiedliche (kleine) Partnerangebote zu einem großen Ganzen, oder haben die meisten Softwarefirmen ausgeprägte Partnernetze, die sich um Teile des Angebots kümmern (Softwarehosting, Installation/Upgrade, Inbetriebnahme, Change Management, etc).

Solche Modelle benötigen jedoch eine bestimmte Grundhaltung und Herangehensweise, d.h. sind nicht auf einfachem Weg implementierbar.

Interne Nutzung von Web 2.0

In der innerbetrieblichen Praxis sind Web 2.0 Technologien oft nicht mehr wegzudenken. Vielfach gibt es interne Diskussionsforen, Informationsbörsen, oder Problemlösungscommunities. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, daß eine funktionierende Community einen intensiven Austausch über beliebige Themen erlaubt, und einen großen Nutzen gerade im Produktmanagement hat.

Interne Communities lösen hierbei ein zentrales Problem viele Firmen: Oft arbeiten unterschiedliche Leute an ähnlichen Themen, oder es haben andere Kollegen spezielles Wissen, und man wäre dankbar, wenn man in der Lage wäre diese Kollegen zu identifizieren. Leider weiß man aber nicht vom Wissen dieser Kollegen, und kann sie daher nicht ansprechen.

Herkömmliche Kommunikation verläuft nach dem Holprinzip und es wird einiger Aufwand getrieben, um die Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, die internen Experten identifizieren zu können. Trotzdem gelingt dies nie komplett, z.B. weil Mitarbeiter auch Wissen auf Gebieten haben, die in der Firma nicht weiter kartographiert werden. Über eine Community läuft die Kommunikation umgekehrt: Man initiert eine Diskussion, und wartet darauf, daß sich die Kollegen mit Know How daran beteiligen. Dies macht die Problemlösung wesentlich einfacher, weil sich so unterschiedliche Experten beteiligen, und in Kontakt kommen.

Allerdings gibt es einige Punkte, die man bedenken sollte. So nimmt oft nicht jeder Mitarbeiter aktiv an Communities teil, z.B. weil ihm dies als zu aufwendig erscheint, oder, weil nicht jeder mit einer amorphen Masse von Lesern kommunizieren mag oder kann. Man benötigt daher unterschiedliche Kanäle, und alternative Arten des Zugangs (Schrift, Video, Bild, Link/ Internet, etc).

Externe Nutzung von Web 2.0

Die gleichen Vorteile, die intern gelten, gelten auch extern. Genauso, wie eine interne Community die Problemlösung unterstützt, tut dies natürlich auch eine externe Community. Hier ist die Teilnahme noch schwieriger zu organisieren. Man benötigt daher eine Strategie, die zum eigenen Unternehmen und den Kunden passt.

Eine funktionierende Kommunikation mit Kunden in Communities hat gerade für das Produktmanagement einige Vorteile. So kann man so zum Beispiel Thesen über Kundenbedarfe unkompliziert diskutieren, man kann über Probleme lesen, die Kunden mit den derzeitig verfügbaren Lösungen, oder man erhält Hinweise auf latente Bedarfe.

Vor allem helfen einem Communities dabei, einen Austausch zwischen Experten zu organisieren. Damit dies funktioniert ist jedoch die eigene Offenheit wichtig. Dann hat man jedoch ein Forum an der Hand, über das man in Kontakt mit den Personen kommt, die einem viel über das eigene Produkt verraten können.

Asymetrie und Expertentum

Ein Merkmal des Internets möchte ich jedoch nicht verschweigen, den Sascha Lobo (ein sehr bekannter Blogger) kürzlich in seinem Artikel →Netz der Besserwisser behandelt hat: Es gibt im Internet die Tendenz, asymetrische Information zu erhalten, und auf Pseudoexperten zu treffen. Lobo schlägt vor – um hiermit umzugehen – daß man seine eigene Medienkompetenz überdenken sollte, und zu prüfen, ob man zum Beispiel einordnen kann, wie welche Informationen entstehen.

Aus Produktmanagementsicht wäre wichtig zu wissem: Es ist schon im realen Leben problematisch, wenn man Kunden zu platt über Anforderungen befragt. Im Internet ist es noch wichtiger, Anforderungen kritisch zu hinterfragen. Das Ziel sollte hierbei sein, an die verdeckten Anforderungen der Kunden heranzukommen.

Weiterführende Informationen

… auf www.Produkt-Manager.net

In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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