Manchmal stellt man sich die Frage, warum Marktführer wichtige Trends übersehen, und so ihre ehemals dominante Position verlieren. Beispiele für Firmen, denen dies passiert ist, gibt es Einige. So hat zum Beispiel Nokia jüngst diesbezüglich einige Schlagzeilen gemacht, oder davor die Firma RIM.
Oft sind die Mechanismen ähnlich, und auch vor langer Zeit von Clayton Christensen umfangreich studiert und beschrieben worden. Kurz zusammengefaßt gilt, daß Marktführer den Blick für die Markttrends verlieren, weil sie intern so strukturiert sind, daß Ideen ausgemerzt werden, die nicht zur vorgegebenen Strategie passen. Dabei kann es sich auch schon mal um wichtige Trends handeln.
Heute habe ich zwei Artikel gefunden, die aus einer anderen Blickrichtung sehr gut erklären, wie es zu solchen Entwicklungen kommen kann. Der eine Artikel ist im Harvard Business Manager erschienen, und nur kurze Zeit kostenlos als vollständiger Download zu erhalten (Ja, man benutzt bei HBR Blogs, die die Artikel zitieren, als kostenlose Vertriebsplattform). Der Titel lautet → Ein Radar für die Strategieplanung. Der andere Artikel stammt aus dem Spiegel, und beschreibt, daß die Schwarmintelligenz unter Umständen doch nicht zu guten, sondern zu schlechten Ergebnissen führen kann.
Der Artikel → Ein Radar für die Strategieplanung enthält mehrere interessante Ideen und Handlungsstränge. Das erste Ergebnis ist banal, da im Allgemeinen bekannt:
„Die Handelshochschule Leipzig (HHL) untersuchte im Rahmen ihrer Kooperation mit der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants eine Reihe von Unternehmen, die unter anderem in der Luftfahrtindustrie, im Automobilsektor und im Elektronikeinzelhandel tätig waren. Wir fanden heraus, dass sich die Unternehmen als erfolgreich erwiesen, die wichtige Veränderungen in ihrem Umfeld erkennen, richtig bewerten und sie konsequent in ihre strategische Ausrichtung einfließen lassen.“
Interessant ist die Lösung, die im Prinzip darauf basiert, daß man das gesamte Umfeld systematisch abgrast nach Informationen über schwache Signale:
Wir entwickelten ein Instrument, das es ermöglicht, wichtige Veränderungen in der Makroumwelt des Unternehmens besser und vor allem früher wahrzunehmen. Die Analyse soll Manager in die Lage versetzen, die wichtigsten politischen, gesellschaftlichen, technologischen, ökologischen und ökonomischen Strömungen im Blick zu behalten. Entscheidend ist dabei unserer Erfahrung nach, die unternehmensexterne Sicht der internen Sicht gegenüberzustellen. Wir erarbeiteten einen klar strukturierten, dreistufigen Prozess, der schnell und kostengünstig umzusetzen ist. Auch die Analyse quantitativ bewerteter Faktoren ist einfach und standardisiert möglich. Wie ein Radar geht die Analyse über das Unternehmen und sein Umfeld hinweg. Es hat sich gezeigt, dass sich Blind Spots und Weak Signals auf diese Weise sehr gut identifizieren lassen. Wir haben das Tool dementsprechend 360-Grad-Stakeholder-Feedback genannt.
Über diese Befragungen findet man schlussendlich blind spots, und weak signals.
Der Begriff der Schwarmintelligenz beschreibt einen Ansatz, bei dem größere Gruppen an der Lösung von Problemen arbeiten. Beispiele hierfür sind Online-Communities, in denen Nicht-Experten zusammenwirken, um definierte Fragen zu lösen (hierüber habe ich an anderer Stelle mehrfach geschrieben). In dem Artikel →Gemeinsam sind wir dümmer geht es um Bedingungen, bei denen die Schwarmintelligenz eben nicht funktioniert.
In dem Artikel wird ein Ansatz behandelt bei dem Studenten unterschiedliche Fragen gestellt wurden. Dabei haben einige dieser Studenten Informationen darüber erhalten, wie andere über diese Frage denken, und konnten so ihre Entscheidungen überdenken. Interessant hierbei ist, daß die Schwarmintelligenz immer schlechter wurde, je mehr die Probanden über die Entscheidungen der anderen Probanden wußten:
Je mehr die Probanden über die Schätzungen der anderen Studienteilnehmer wussten, umso mehr sank die Schwarmintelligenz. Extremwerte verschwanden nach und nach, die Schätzwerten der einzelnen Probanden näherten sich immer mehr an, ohne dass der Mittelwert dem tatsächlichen Wert näher kam.
Hierbei treten zwei Effekte ein
Das für mich zentrale Ergebnis ist wie folgt:
Wenn Menschen sehen, wie andere Menschen denken und entscheiden, konvergieren die Meinungen“, sagt Helbing. Dieser Effekt betreffe alle Gremien in Politik und Wirtschaft, überall, wo man zusammensitze und diskutiere. „Ein derartig zustande gekommener Konsens kann eine schlechte Entscheidung sein.“
Zusammengefaßt kann man sagen, daß es möglich ist, daß in einer Firma Trends entstehend, die zu einer falschen Entscheidung führen. Dies ist zum Beispiel wahrscheinlich, wenn es an Diversität mangelt, es aber trotzdem möglich ist, daß sich Meinungen über den Gruppendruck annähern. Meiner Erfahrung nach kann dieser Umstand dazu führen, daß Firmen wissentlich Trends übersehen – oft handelt es sich dabei nämlich um die Bereiche, die divergierendes Denken erfordern.
Der erste Artikel basiert im Prinzip auf einem ähnlichen Mechanismus. Hier beginnt das Problem damit, daß Firmen unangenehme Trends ausblenden, z.B. über den Gruppendruck. Dies führt zu Situationen, bei denen man weak signals übersieht (d.h Trends die sich gerade erst andeuten), oder blind spots, d.h ausgeblendete Bereiche hat.
Den Ausweg beschreibt der erste Artikel. Man sollte im Prinzip regelmäßig weak signals oder blind spots erforschen, zum Beispiel indem an 360 Grad Methoden anwendet.
Weitere Optimierungsmöglichkeiten sind:
In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: