Am Wochenende habe ich mir einen Vortrag von Tim Brown, dem Chef der Designfirma IDEO angesehen. Es ging in dem Vortrag um eine Light-Variante des Design-Thinking Ansatzes, und um seine besonderen Erfahrungen mit dieser Methode (er hat an der Entwicklung der Methode mitgewirkt).
In seinem Vortrag hat er die Design-Thinking-Methode in 3 Hauptphasen eingeteilt, und die wesentlichsten Elemente der einzelnen Phasen besprochen. Für ihn (siehe das weiter unten angegebene Video) sind die folgenden Phasen von besonderer Bedeutung: Inspiration, Ideengenerierung, und Umsetzung.
Darüberhinaus fand ich seine Erfahrungen zum Rollin der Informationen über die Kunden, sowie die Begründung, warum das „Storytelling“ so wichtig ist besonders erhellend.
Der folgende Vortrag ist in 2006 in der → MIT Sloan School of Management innerhalb der Serie → Dean’s Innovative Leader Series gehalten worden. Er ist über die MIT World, bzw iTunes U zu erreichen:
Die für mich wohl interessantesten Zitate von Tim Brown sind wohl die folgenden:
“Insights are about getting out into the world, connecting with new things. Designers see the world as a source of innovation, not just validation.”
„After inspiration comes “building to think:” often a hundred prototypes created quickly, both to test the design and to create stakeholders in the process. Says Brown, “So many good ideas fail to make it out to market because they couldn’t navigate through the system.” IDEO counts on storytelling to develop and express its ideas, and to buy key players into the concept.“
Demnach sehen Designer die Welt als Quelle von Innovationen, und viele gute Innovationen werden deshalb nicht umgesetzt, weil sie es nicht durch die Organisation schaffen (Brownschlägt als Abhilfe die Methode des Storytelling vor).
Viele Menschen fangen beim Thema Innovation einen Schritt zu spät an, weil sie „Innovation“ (nur) als ein Problem der Ideengenerierung verstehen. Diese Leute denken, daß sie mit der intensiven Nutzung von Brainstorming, und kreativen Methoden bereits innovativ sind. Jede Innovation beginnt aber einen Schritt vor der Ideenfindungsphase mit der Identifikation von Problemen, sei es nun in der Betriebswirtschaft oder der Technik, die wirklich relevant sind.
Dabei äußern Kunden ihre Probleme oft nicht direkt, sondern man kann die für sie relevanten Themen oft nur indirekt wahrnehmen. Das liegt unter anderem daran, daß Kunden die Lösung oft nicht selbst kennen, d.h. sich auch nur schwer vorstellen können, welche Lösungen technisch möglich sind.
Brown schlägt den Entwicklern deshalb vor, die Umwelt mit wachem Auge wahrzunehmen, um bis zu des Pudels Kern vorzudringen. Dabei sagt er explizit, daß es besonders die extremen Nutzungsfälle sind, die hierbei interessieren.
Das folgende Beispiel aus der Fotografie mag dies verdeutlichen: Früher mußte man sich entscheiden, ob man eine leichte, dafür wenig leistungsfähige Kamera wollte, oder ob man eine schwere, dafür aber auch leistungsfähige Spiegelreflexausrüstung bevorzugt. Ein Grund, der für die bessere Leistungsfähigkeit der Spiegelrelexkamera gesorgt hat, war die Größe des Chips, mit dem die Bilder aufgezeichnet werden. Eine Spiegelreflexkamera ist u.a. deshalb so groß, weil sie einen relativ langen Strahlengang aufweist.
Besonders auf Reisen oder Städtetouren ist eine großer Kamera unhandlich. Daher haben viele leistungsfähige Fotografen (d.h. die extremen Nutzer) schon immer den Wunsch gehabt, eine leichte, aber leistungsfähige Kamera auf Reisen benutzen zu können, die aber trotzdem dieselben fotografischen Leistungsanforderungen abdeckt.
Findige Entwickler fingen daher an sich zu überlegen, wie sie eine höhere Bildqualität in einer kleineren Kamera unterbringen, und sind so auf neue Konstruktionsprinzipien gestoßen. Heute gibt es deshalb zwischen Spiegelreflex, und einfachem Fotoapparat, zwei weitere Segmente mit entsprechenden Angeboten:
Viele innovative Ideen kommen deshalb nicht voran, da sie in der Organisation hängen bleiben. Das passiert sehr schnell, wenn die Entscheider, oder Kollegen den Wert einer Idee nicht verstehen. Daher verwenden Design-Thinker gerne die Methode des Storytelling, und schaffen um die eigentliche Beschreibung herum eine komplette Szenerie.
Storytelling beginnt zunächst mit den Personas, d.h. mit einer konkreten Beschreibung der Nutzer, und endet bei der ergebnisorientierten Beschreibung der Arbeitsabläufe dieser Benutzer. Die eigentliche Innovation wird gerne aus dem persönlichen Blickwinkel der Benutzer beschrieben, und so greifbar gemacht.
„Storytelling (deutsch: „Geschichten erzählen“) ist eine Erzählmethode, mit der explizites, aber vor allem implizites Wissen in Form einer Metapher weitergegeben und durch Zuhören aufgenommen wird. Die Zuhörer werden in die erzählte Geschichte eingebunden, damit sie den Gehalt der Geschichte leichter verstehen und eigenständig mitdenken“ – siehe →Wikipedia – Storytelling
Im Umfeld der agilen Softwareentwicklung kennt man ein ähnliches Konzept, nämlich das Konzept der User Stories. Hierbei handelt es sich um kurze Beschreibungen des erwarteten Verhaltens der Software aus Nutzersicht (siehe →Definition aus dem Bereich des Extreme Programming, bzw eine etwas →detaillierte Beschreibung von Mike Cohn).
In meinen älteren Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: