Positioning

Ein Aspekt ist bei der Neuentwicklung von Produkten nicht zu vernachlässigen: Die Positionierung der neuentwickelten Produkte sowohl in leistungsbezogener Hinsicht, also auch in Hinblick auf den Preis.

Hierbei ist es besonders wichtig, sich über die einzelnen Marktsegmente im Klaren zu sein. Heute mache ich mir hierzu einige Gedanken, und insbesondere zur Frage, was an dieser Stelle alles schief gehen kann.

Ein reales Beispiel

In der nächsten Woche startet die Photokina. Daher schreibe ich in etwas anonymisierter Form über die Neuproduktentwicklung von <großer Hersteller von Spiegelreflexkameras>, bei dem mir einige Fehler in der Positionierung aufgefallen sind.

Altes Angebot

Vor einiger Zeit hat dieser Hersteller, die folgenden Sets aus Kamera und Objektiv angeboten:

  • Kamera + Batterie + einfaches Zoomobjektiv 1 zu Preis A
  • Kamera + Batterie + komplexes Zoomobjektiv 2 zu Preis B (höher als A)

Das Zoomobjektiv im ersten Kit war in den üblichen Expertenkreisen lange Zeit, als „mangelhaft“ diskutiert worden, und wurde nun durch ein Modell ersetzt, daß eine wesentlich bessere Spezifikationen aufweist, dafür aber auch teurer ist, als das alte Modell. Es wird weiterhin ein Zoomobjektiv 3 neu angeboten, daß mit Zoomobjektiv 2 nicht vergleichbar ist. Das Zoomobjektiv 2 wird nach wie vor angeboten.

In Bezug auf die Kamera, wird in den üblichen Foren schon lange spekuliert, ob sie ersetzt wird. Dies geschieht jetzt aber nicht, sondern es wird in einem anderen Segment ein neues Modell vorgestellt, ggfs um dort auf starken Druck reagieren zu können. Der Hersteller scheint deshalb vor der Frage zu stehen, wie er möglichst sinnvoll Produktpflege betreiben kann, und gleichzeitig die Marge optimieren kann.

Neues Angebot

Dieser Hersteller hat nun vollkommen unerwartet, den Vertrieb der beiden alten Pakete eingestellt. Stattdessen werden folgende Pakete über den Handel angeboten:

  • Kamera + Zoomobjektiv 1 (Nachfolger) zu einem Preis weit über dem ursprünglichen Paketpreis A
  • Kamera + Zoomobjektiv 3 zu einem Preis unter Preis  B
  • Das alte Set mit Objektiv 2 kann nur noch in Einzelteilen gekauft werden zu einem Preis, der 10% über dem alten Preis liegt.

Welches ist nun die Situation?

Generell ist offensichtlich, daß der Hersteller die Preise erhöhen will. Wenn man sich die einzelnen Zielsegmente ansieht, stehen die Kunden heute vor der folgenden Situation:

  • Das erste neue Set richtet sich an dasselbe Kundensegment, wie das alte Kameraset. Es ist nur wesentlich teurer, als die alte Lösung.
  • Es ist ein neues Angebot für ein neues Kundensegment entstanden zu einem Preis, für den es keine Referenz gibt.
  • Das alte Set, daß sich an ein anderes Kundensegment gerichtet hat, ist weggefallen, und kann nur noch zu einem höheren Preis beschafft werden. Dies bedeutet, daß dieses Kundensegment dieselbe Leistung zu einem signifikant höheren Preis erhält.

Das neue Angebot ist unkritisch. Das Positionierungsproblem entsteht an zwei Stellen, nämlich bei den Angeboten für die es bereits vorher ein Angebot gab:

  • Für das eine qualitativ hochwertigeres Produkt zu einem höheren Preis steht der Kunde vor der Frage, wieviel Mehrpreis er bereit ist, für eine bessere Leistung zu bezahlen.
  • Für das gleichgebliebene Produkt, daß nun zu einem höheren Preis verkauft wird, ergibt sich die weitergehende Frage, ob hierdurch die Kundenloyalität leiden kann.

Optimale Positionierung

Um eine optimale Positionierung hinzubekommen sollte man meiner Erfahrung nach u.a. folgende Dinge beachten:

  • Möglichst detaillierte Segmentierung vornehmen: Wie das Beispiel zeigt, unterscheiden sich Kundensegmente, und man sollte die relevanten Unterschiede kennen. Es ist hierfür wichtig, sich bei der Segmentierung auf die richtige Ebene zu beziehen. Im konkreten Fall sollte man mindestens drei Einzelsegmente betrachten. Es reicht hier nicht aus, nur ein Segment zu betrachten, da man sonst nicht in der Lage ist zu erkennen, was den Kunden wirklich wichtig ist, und wie eine passende Positionierung aussehen sollte.
  • Mehrwert schaffen: Insbesondere der Fall, daß ein unverändertes Produkt teurer verkauft wird hat mehrere Nachteile. So ist im Extremfall nie auszuschliessen, daß Kunden sich abgezockt fühlen, und deshalb ganz auf den Kauf verzichten. Deshalb ist es immer sinnvoll, über neuen Nutzen nachzudenken, bzw das neue Angebot so zu schneiden, daß der Kunde eine bessere Lösung erhält. Ein gutes Beispiel hierfür ist hier das Paket mit dem verbesserten Objektiv.
  • Übergangsfristen schaffen:  Sollte man planen, ein unverändertes Produkt teurer anzubieten, sollte man Kunden die Möglichkeit geben, vorher zu reagieren. Dies ist deshalb wichtig, weil einige Kunden ggfs schon länger Kaufpläne haben. Um diese Kunden nicht zu überraschen, sollte man fair bleiben. Hierfür sollte man darauf achten, daß es eine Übergangsfrist gibt, und eine transparente Kommunikation.
  • Wichtigkeiten kennen: Wenn man eine neue, verbesserte, dafür aber teurere Lösung anbieten will, ist es entscheidend, daß man die Kundenwichtigkeiten kennt. Grundsätzlich sind Kunden bereit, höhere Preise für bessere Produkte zu zahlen. Dies gilt aber nur so lange, wie  Ihnen die Mehrleistung wichtig genug ist.

Weiterführende Informationen

… auf www.Produkt-Manager.net

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Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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