Google ist ein prominenter Vertreter von Firmen, die es Ihren Mitarbeitern gestatten, einige Tage in der Woche „ungerichtet“ zu arbeiten. Google Mitarbeiter dürfen an Ihrem „Good Friday“ 20% der Arbeitszeit in freie Projekte investieren.
Diese Projekte werden nicht weiter überwacht. Wissenschaftliche Forschungen, aber auch die Erfahrungen der Verwenderfirmen dieses Modells berichten viel Gutes darüber.
Man sollte meinen, daß jeder Mitarbeiter einen solchen Tag mit Freude in Anspruch nimmt. Dies ist aber anscheinend nicht immer so. Heute habe ich das folgende Gegenargument gehört „ich kann doch nicht den Good Friday in Anspruch nehmen, wenn gleichzeitig mein Team unter Wasser ist“.
Heute geht es mir um die Frage, ob und inwieweit diese Bescheidenheit sinnvoll ist.
Das Good Friday Modell sieht auf den ersten Blick sehr teuer und unwirtschaftlich aus. Aus den folgenden Gründen ist dies nicht der Fall.
Viele neue Produkte starten als einfache, kleine Idee, die zunächst einmal ausprobiert werden muss. Solche Ideen befinden sich in einem Stadium, in dem sie noch nicht präzise genug durchdacht sind, um als Backlog Item eingeplant zu werden.
Das Good Friday Modell erlaubt es Mitarbeitern, unkompliziert Projekte aufzunehmen, die noch unterhalb dieser Wahrnehmensschwelle „Backlog Item“ liegen.
Ein Grund, warum viele „schlechte“ Projekte/Ideen nicht gestoppt werden ist, daß hiermit Forscher oder Mitarbeiter das Gesicht verlieren könnten. Um diesen Gesichtsverlust zu vermeiden, kämpfen viele Mitarbeiter für den Erhalt solcher Projekte, auch wenn sie unwirtschaftlich sind.
Manche Ideen sind nicht nur klein, sondern es wäre auch gut, wenn Mitarbeiter daran arbeiten könnten, ohne Ihr Gesicht zu verlieren, wenn sich die Idee als nicht durchsetzbar herausstellt. Dies Ziel kann über den Good Friday gut erreicht werden, da solche Ideen für die Organisation unsichtbar bleiben.
Innovationen benötigen Ideen. Zeit die man mit Innovation verbringt kann man durchaus aus strategisch verstehen. Leider kann man strategische Aufgaben auch vernachlässigen, weil sich der Mangel oft nicht kurzfristig bemerkbar macht.
Das Problem vieler wichtiger und strategischer Aufgaben ist, daß sich vielfach unwichtige aber laute Aufgaben in den Vordergrund schieben, insbesondere dann, wenn es heiß hergeht. Der Good Friday sorgt dafür, daß Mitarbeitern den strategischen Aufgaben genug Raum einräumen.
Nicht nur das Unternehmen, sondern auch die einzelnen Mitarbeiter können vom Good Friday profitieren.
Zentrale Mitarbeiter, die über besonders viel Know How verfügen, sind oft auch diejenigen, die weitgehend ausgelastet, da jeder ihre Expertise in Anspruch nehmen will.
Gerade für solche Mitarbeiter ist es wichtig, auch mal den notwendigen Freiraum zu erhalten, um an Themen arbeiten zu können, die sie persönlich und im Beruf weiter bringen.
Burn-Out kann gerade für solche Mitarbeiter zum Problem werden, die sich intensiv einbringen. Der Good Friday gestattet solchen Mitarbeitern einen Belastungswechsel, und unterstützt diese dabei, mit hoher Beanspruchung umzugehen.
Er verschafft Mitarbeitern gleichzeitig einen zeitlichen Puffer, der es gestattet, Belastungsspitzen abzufedern. Auch ist als positiv zu werten, daß jeder Mitarbeiter ohne Fremdbestimmung seine Good-Friday-Zeit investieren kann.
Gerade wenn ein Team über lange Zeit stark gefordert ist, ist es sinnvoll, in Aktivitäten zu investieren, die die Teambelastung langfristig vermindern. Hierzu muß früher oder später der erste Schritt gemacht werden, um den Feuerwehrmodus zu verlassen.
Es kann gut sein, daß ein Team mal für eine gewisse Zeit hoch ausgelastet ist. Dies darf allerdings nicht zum Dauerzustand, und damit zum Alibi werden. Der Good Friday gibt jedem einzelnen Mitarbeiter die Möglichkeit, eine permanente Überlastung zu umgehen, und den Wandel einzuleiten.
In meinen folgenden Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: