Kaum ein Tag vergeht, an dem man nicht die Zeitung aufschlägt, und über Boni und Incentives liest, die an die besonders wichtigen Leistungsträger unserer Gesellschaften verteilt werden.
Nicht erst, seitdem diese Entlohnungspraxis durch die Wirtschaftskrise ins Gerede gekommen ist, bin ich mir nicht mehr sicher, ob unsere Unternehmen den richtigen Weg gehen, indem sie sich auf die Belohnung einiger Weniger beschränken.
Heute geht es mir um die Schnittstelle zwischen dem Mitarbeiter und der Innovation, bzw um die Schnittstelle zwischen dem Human Capital Management, und den Geschäftszielen. Ich werde deshalb auf den Zusammenhang zwischen Belohnung, Mitarbeitermotivation und Kreativität eingehen.
Auf der heutigen Prioritätenliste vieler Unternehmen – so habe ich gerade wieder gelesen – steht die Innovationskraft sehr weit oben. So sagt Lothar Kuhn in → Lehren aus der Krise folgenden bemerkenswerten Satz:
„Der zweite wichtige Erfolgsfaktor im Umgang mit Krisen ist Innovationsstärke. Besonders deutsche Manager betonen diese Fähigkeit, vermissen aber erneut eine ausreichende Führungsstärke in diesem Bereich bei ihren Unternehmen – bei Produkt- wie auch Prozessinnovation.“
Inspiriert durch den heutigen Artikel im Handelsblatt → Was Mitarbeiter wirklich motiviert habe ich mich mit den Ideen des Motivationsgurus Daniel Pink beschäftigt, der gerade kürzlich ein neues Buch zum Thema herausgegeben hat.
Folgendes Video enthält einen kurzweiligen Vortrag (von dem man Einiges über Präsentationstechniken lernen kann), und gibt seine wesentlichen Ideen zum heutigen Thema gut wieder.
Pink kommt zu den folgenden wesentlichen Schlußfolgerungen:
Viele Unternehmen machen sich derzeit auf, um eine höhere Innovationskraft zu erlangen. Um dieses Ziel zu erreichen, denke ich, sollten viel mehr alte Zöpfe abgeschnitten werden, als man dies im allgemeinen annimmt.
Der Grund hierfür ist. daß hohe Innovationsbereitschaft ein definiertes Klima benötigt, daß diesem Anspruch auch gerecht wird.
Autonome Mitarbeiter sind in der Lage, eigenverantwortlich zu handeln. Damit Mitarbeiter dies können, müssen sie u.a. informiert sein, in der Lage, auf Augenhöhe mit Managern zu agieren, und sie müssen dazu aufgerufen werden, offenes und ehrliches Feedback zu geben (auch und gerade, wenn unbequem). Geheimniskrämerei, Misstrauen, und Obrigkeitshörigkeit haben da nichts zu suchen.
Viele Unternehmen führen ihre Mannschaften an der kurzen Leine, und verschliessen möglichst alle Informationen. Autonomität bedeutet zuallererst, daß Mitarbeiter als Mitunternehmer verstanden werden. In der Softwareindustrie befindet sich der Ansatz der agilen Entwicklung deshalb auf dem Vormarsch, weil er einen hohen Grad von Mitunternehmertum erlaubt. Die Prinzipen wären auch in anderen Industrien sinnvoll anwendbar.
Zum Thema Selbstbestimmung habe ich schon viel geschrieben. Hierunter fallen die Artikel über Google’s 20% Innovation Friday genauso, wie Ansätze, Mitarbeiter selbst über ihre Arbeitszeit (Komm- und Gehzeit) entscheiden zu lassen.
Ein weiterer Weg, um die Selbstbestimmtheit zu steigern ist es, sich den Prozess anzusehen, wie innerhalb einer Gruppe Aufgaben verteilt werden. Der agile Ansatz sieht zum Beispiel vor, daß Mitarbeiter selbst wählen, welche Backlog Items sie bearbeiten. Dieses Prinzip sollte auch im rauhen Arbeitsalltag aufrechterhalten werden.
Die Forderung, eine Daseinsberechtigung zu liefern ist eines der Hauptspielfelder des Produktmanagements. Eine der wichtigsten Daseinsberechtigung eines jeden Mitarbeiters ist die Gestaltung und Produktion von Produkten, die Kunden begeistern. Ich denke; vermutlich beantworten nur wenige Dinge die Daseinsfrage direkter, als ein Kunde, der das „eigene“ Produkt benutzt.
Um Produkte gestalten zu können, die Kunden auch einsetzen wollen, werden unbedingt die Fähigkeiten und die Techniken des Produktmanagements benötigt. Dies umfaßt meiner Meinung nach sowohl das Rollin von Anforderungen, als auch den Umstand, daß Entwicklungen spezifiziert, dokumentiert und ausgerollt sind, bzw werden.
Pink sagt zwar, daß Boni eigentlich eher kontraproduktiv sind, um Mitarbeiter zur Innovation anzuleiten. Meiner Meinung nach bedeutet dies aber nicht, daß man die Bedeutung der Bezahlung unterschätzen sollte (Pink sagt dies in einem Nebensatz ebenfalls).
Es ist meiner Meinung jedoch wichtig, seine Mitarbeiter fair zu entlohnen, und die auch in dem Sinne, daß das Gehalt zu einem Nicht Thema wird (ausreichend, fair, verlässlich, und großzügig). Eine Grundhaltung, die versucht an dieser Stelle zu sparen, oder der Versuch, es mit der Leistungsorientierung der Bezahlung zu übertreiben, ist meiner Meinung nach, zumindest in einer typischen Softwareentwicklung, nicht sinnvoll, da sie direkten Einfluss auf die Innovationskraft hat.
In den folgenden Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema:
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: