Ausbildung für Produktmanager

Normalerweise erhalten Blogger viele Spam-Nachrichten von Leuten, die etwas verkaufen wollen, oder, die die Verlinkung ihrer eigenen Websites verbessern wollen (um so mit wenig eigener Arbeit in den Suchresultaten weit oben zu erscheinen). Wie Spam so ist:  er macht nicht wirklich Spass, aber dafür viel Arbeit.

Während meines Urlaubes hat mich die Frage eines erfahrenen Projektmanagers erreicht, der sich weiterentwickeln will. Da es sich um eine rein fachliche Frage handelt, hat sie mich sehr gefreut. Weil ich nicht die geeignete Ausstattung dabei hatte, um zu bloggen, gehe ich (erst) heute nach einer längeren Schaffenspause auf diese Frage ein.

Fortbildung gesucht

Sinngemäß handelt es sich um einen diplomierten Wirtschaftingenieur mit 10 Jahren Berufserfahrung im Projektmanagement (leitende Stellung), der sich in die Rolle eines Produktmanagers weiterentwickeln möchte. Er fragt sich, wie er sich entsprechend weiterbilden kann.

Ich weiß nichts Konkretes über den Fragesteller. Mir fehlt zudem der hinreichend tiefe Marktüberblick über den gesamten Schulungsmarkt, der notwendig wäre, um Angebote (fair) zu bewerten. Daher möchte, und kann ich die Frage eigentlich nur generell beantworten, und Orientierung bieten.

Was macht ein(e) Produktmanager(in), und was kann ein Wirtschaftsingenieur?

Wie so oft steht vor der eigentlichen Entwicklung die Frage nach den Anforderungen, bzw vor einer Weiterbildung die Frage, welches Know How konkret fehlt. Konkret müßten wir uns erst einmal darüber klar werden, was Wirtschaftsingenieure lernen/können, und was Produktmanager(innen) können sollten.

Wirtschaftsingenieure

Um die erste Frage zu beantworten fällt mir die Information ein, die der Berufsverband der Wirtschaftsingenieure herausgibt (siehe →  VWI). Demnach arbeiten und lernen Wirtschaftsingenieure in der Schnittstelle zwischen Technik und Wirtschaft (siehe → Wirtschaftsingenieurwesen), und befassen sich konkret mit einzelnen Disziplinen in den Teilbereichen

  • Mathematisch- und naturwissenschaftlicher Teilbereich
  • Wirtschafts- und rechtswissenschaftlicher Teilbereich
  • Ingenieurwissenschaftlicher Teilbereich

Generell beherrscht der Wirtschaftsingenieur daher sowohl die Technik/Technologie, als auch die Wirtschaftsthemen, und unterscheidet sich durch eine integrative Sicht von den Vertretern der jeweils reinen Fakultäten.

In der Praxis setzen viele Wirtschaftsingenieure Schwerpunkte. Oft gehen sie entweder in die Marktrichtung (d.h. arbeiten z.B. im reinen Vertrieb, der wenig mit der Technik zu tun hat), oder sie gehen eher den Weg in die Technik, und arbeiten ohne Kundenkontakt.

ProduktmanagerInnen

ProduktmanagerInnen beackern im Prinzip die Bereiche Rollin, Development und Rollout (siehe → Anforderungen Produktmanager), und werden oft als „Besitzer“ des Produktes bezeichnet. Sie decken die einzelnen Funktionen ab, die notwendig sind um Produkte zu entwerfen/entwickeln, bzw um die entwickelten Produkte im Markt zu positionieren, und zu erklären.

An der Schnittstelle zum Markt arbeiten ProduktmanagerInnen mit dem Marketing, und dem Vertrieb zusammen, haben jedoch einen anderen Fokus. ProduktmanagerInnen sollten zum Beispiel nicht als Vertriebsmitarbeiter gesehen werden, die sich an einzelnen Aufträgen orientieren. Sie arbeiten vielmehr eher „für alle Kunden“.

An der Schnittstelle zur Entwicklung befassen sich ProduktmanagerInnen mit der Erfassung und Umsetzung von Kundenwünschen in konkrete Anforderungen, und weniger mit der eigentlichen Entwicklung. Während in kleinen Firmen Produktmanager oft alle Teilbereiche bearbeiten, arbeiten sie in großen Firmen eher spezialisierter.

Gap zwischen beiden Richtungen

Meiner Meinung (und Erfahrung) nach, bringen Wirtschaftsingenieure bereits  sehr viele Bausteine mit, um ohne großangelegte Fortbildung erfolgreich als ProduktmanagerInnen zu arbeiten. Darin unterscheiden sie sich vielleicht generell von den Vertretern der reinen Faktultäten, denen entweder oft das Verständnis für die Rollinaufgabe fehlt (Technik), oder für denen die Rolloutaufgabe (Kundenerfahrung) fern(er) liegt. Man könnte daher fast behaupten, daß Wirtschaftsingenieure prädestiniert dafür sind, im Produktmanagement zu arbeiten.

Woran es jedoch eher hapert, ist das praktische Know How, das notwendig ist, um die gesamte Klaviatur des PM auch spielen zu können. Zum einen ist das Wissensgebiet relativ breit (Rollin-Entwicklung-Rollout), zum anderen decken andere Rollen das Know How auch nur zum Teil ab (z.B. ist  ein Vertriebler bisher oft wenig mit der Entwicklung in Kontakt gekommen). Daher sind praktische Lücken auch dann nicht ungewöhnlich, wenn man lange in einen Nachbarbereich gearbeitet hat (z.B. Projektmanager).

Weil dies so ist, hat sicher nicht jeder neue Produktmanager, der aus einer anderen Rolle kommt, schon einmal einen Business Plan geschrieben, Anforderungen gesammelt, mit User Groups gesprochen, mit der Entwicklung verhandelt, und Kundenfeedback eingesammelt….., und benötigt an solchen Stellen Know How.

Meiner Meinung nach ist es deshalb sinnvoll, nach einer solchen praktischen Ausbildung in fehlenden Teilbereichen zu suchen.

Learning by doing versus formales Training

Viele ProduktmanagerInnen, die ich kenne, sind über den Learning by Doing Approach in den Job hineingewachsen. Es ist z.B nicht ungewöhnlich, daß Entwickler, die gerne mit Kunden arbeiten, sich schrittweise durch Projekte das fehlende Know How aneignen, etc, um später ganz als ProduktmanagerInnen zu arbeiten.

Der andere Weg, den ich kenne, kommt eher über einige praktische Kurse. So haben viele ProduktmanagerInnen die Kurse besucht, z.B. der Firma → Pragmatic Marketing, und haben dann neue Aufgaben im Produktmanagement übernommen. Wenn man sich in Deutschland umtut, stößt man auf analoge Angebote, wie z.B. der Firma → Integrata, oder des → Deutschen Instituts für Marketing, die teilweise Möglichkeiten der → Zertifizierung bieten.

Kreativtechniken

Man kann sehr viel Geld und Zeit in Trainings investieren. Speziell, wenn man sich beruflich umorientieren möchte, kann es auch schon mal zu Budgetengpässen kommen.

Da Akademiker das Lernen ja bereits gelernt haben, könnte es ggfs auch schon sinnvoll sein, sich einmal mehrere Wochen lang der reichhaltigen Information im Internet zu widmen. So findet man z.B. nach einiger Recherche Vorlesungen von renommierten Unis, die man online hören kann, oder man findet viele gut gemachte Blogs von Experten, die sicher den ein oder anderen Trainingskurs ersetzen, wenn das ganze Thema nicht neu ist.

Wenn Sie eigenen Erfahrungen haben, können Sie gerne einen Kommentar hier einstellen….

Weiterführende Informationen

… auf www.Produkt-Manager.net

In den folgenden Artikeln finden Sie weiterführende Informationen zum heutigen Thema

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Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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