Wie Sie Marktführer bleiben

Im heutigen Harvard Business Manager startet eine Serie über die Frage, wie ein Marktführer Marktführer bleibt.

Grundfrage

Die Autoren bemerken Interessantes, und stellen hierzu die folgende Grundfrage:

„Wie kommt es, dass so mächtige und erfolgreiche Unternehmen Geld und Mühe in Techniken stecken, mit denen sie zwar ihre derzeitigen Kunden halten können, es aber zugleich versäumen, in andere Techniken zu investieren, die die Kunden von morgen verlangen werden? Zweifellos spielten hier bürokratische Schwerfälligkeit, Überheblichkeit, Mattigkeit, schlechte Planung und zu kurze Investitionshorizonte eine Rolle. Aber dieser Widersinn hat noch eine weit elementarere Ursache: Führende Unternehmen fallen häufig einem der beliebtesten und meistgeschätzten Glaubenssätze zum Opfer: Sie kleben zu eng an ihren Kunden“ – Bower/ Christensen in → Wie Sie Marktführer bleiben.

und, so heisst es bei Ihnen später sogar noch:

„In allen Fällen folgten die Unternehmen den Einschätzungen ihrer Kunden, lieferten nur die gewünschten Produkte und sahen in den Techniken, die ihre Kunden ablehnten, nur Nachteile…“ – Bower/ Christensen in → Wie Sie Marktführer bleiben.

Wie nahe am Kunden?

Der Artikel reisst ein Problem an, dass auch ich aus der betrieblichen Praxis eines Produktmanagers zur Genüge kenne, nämlich die Frage, wie nahe man am Kunden bleiben sollte, wenn man Anforderungen zu Produkten und Dienstleistungen sammelt. Generell gibt es hierzu zwei bipolare Einstellungen:

  • Inside-Out: Wir müssen garnicht mit Kunden reden, da wir selbst genau wissen, welche Produkte der Kunde benötigt.
  • Outside-In: Wir erfragen eigentlich jedes Produktmerkmal beim Kunden, und erstellen unsere Lösungen genau nach diesen Vorgaben (Manchmal noch gepaart mit der „Wer-am-lautesten-schreit-hat-Recht“-Regel)

Um mich nicht misszuverstehen: Beide Haltungen sind in ihrem jeweiligen Kontext grundsätzlich sinnvoll. So ist der reine Inside-Out Ansatz zum Beispiel dann zweckmäßig, wenn ein Unternehmen sehr innovative Produkte anbietet, für die es generell noch wenig Erfahrungen im Markt gibt. Nachdem die Personalcomputer erfunden waren, war es zum Beispiel im Hardwaremarkt gang und gäbe, dass die Computerhersteller die Gestaltungsfreiheit hatten. Auf der anderen Seite ist der Outside-In Ansatz sinnvoll für Unternehmen, die kundenindividuelle Leistungen anbieten.

In Unternehmen, die Produkte anbieten, die ganz oder teilweise standardisiert sind, können beide Haltungen gefährlich sein. Mit dem Inside-Out Ansatz besteht die Gefahr, dass man sich zu weit von seinen Kunden entfernt. Mit einer extremen Outside-In Orientierung kann der Effekt eintreten, den der Artikel beschreibt, nämlich das man langfristig seine marktführende Rolle verlieren könnte.

Rollenverständnis

In manchen Fällen läßt sich das im Artikel behandelte Problem auch auf ein einseitig ausgerichtetes Rollenverständnis des Produktmanagers (oder der Produktmanagerin) zurückführen (so jedenfalls meine Erfahrung). Aus vielen Gesprächen mit Kunden weiss ich, dass Kunden natürlich auch eine eigene Agenda haben, wenn sie mit Produktmanagern eines Zulieferers reden. Es ist meiner Meinung nach deshalb besonders wichtig, dass man im Hinterkopf behält, dass die gesammelten Anforderungen „gefärbt“ sein könnten. Gerade in Bezug auf disruptive Technologien kann diese Färbung problematisch sein.

Vorgehensweise

Um zu verhindern, dass sich hier der Blick auf die eigentlichen Themen verstellt, ist es aus meiner Sicht wichtig, wie folgt zu verfahren:

  • Den Inside-Out Blick ergänzen, d.h sich generell immer die Frage zu stellen, ob die formulierten Anforderungen „plausibel“ sind.
  • In der Lage sein, „nein“ zu sagen – ohne hiermit eine gute Kundenbeziehung zu gefährden. Hiermit kann man sicherstellen, dass nicht sämtliche Kundenbedürfnisse ungefiltert in das Produkt gelangen.
  • Die Kundenanforderungen unabhängig „prüfen“, indem man die Quelle „Kunde“ ergänzt um andere Quellen (z.B. Analysten, eigene Mitarbeiter mit Kundenkontakt, etc)
  • Insbesondere Technologien mit Interesse verfolgen, die folgende Merkmale einer disruptiven Technologie aufweisen a) Die Leistungen sind niedriger, als ihre heutige Spitzentechnologie, b) Die Produkte sind dafür ggfs preiswerter, c) Sie sprechen die Kunden an, die sich gerne Ihre Produkte leisten würden, dies aber nicht können
  • Innerbetrieblich dafür sorgen, dass die Vielfalt -auch der Meinungen- erhalten bleibt
  • Anforderungen zur Produktpflege zu trennen von Innovationen (Um zu verhindern, dass die Produktpflege die Innovation kanibalisiert – und umgekehrt)

Mehr zum Thema erfahren sie mehr zum Thema unter dem Tag → Innovation.

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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