Innovation – The Innovator’s Dilemma

In der Literatur werden die zwei folgenden Technologien unterschieden:

  • Sustaining Technologies (Tragende Technologien)
  • Disruptive Technologies (Unterbrechende Technologien)

Das Prinzip der disruptiven Technologies wurde von Clayton M Christensen zuerst 1995 unter einem anderen Namen eingeführt, und dann 1997 in seinem Buch → The Innovator’s Dilemma: The Revolutionary Book that Will Change the Way You Do Business (Collins Business Essentials) unter diesem Begriff beschrieben. In dem folgenden Beitrag arbeite ich die wesentlichsten Lehren heraus, die sich aus diesem Buch ziehen lassen.

Diese Lehren sind deshalb so wichtig, weil die dahinterliegenden Mechanismen selbst etablierte Industrieführer schon in Bedrängnis gebracht haben; er nennt einige Beispiele in seinem Buch. Ich halte daher die Kenntnis dieser Mechanismen für sehr wichtig im Produktmanagement für Technologieprodukte.

In späteren Artikeln werde ich mich mit seinen weiterführenden Erkenntnissen und Lösungsmöglichkeiten befassen, wie zum Beispiel in seinem Buch → The Innovator’s Solution behandelt (siehe im Buchhandel: The Innovater’s Solution: Creating and Sustaining Successful Growth.

Ziele des Produktmanagements

In jedem guten betriebswirtschaftlichen Buch ist nachzulesen,

  • was gesunde Firmen von weniger gesunden Firmen unterscheidet
  • welche wichtige Rolle die Kundenorientierung einnimmt
  • wie wichtig das Erreichen von Rentabilitätszielen ist

Gute Produktmanager stellen sicher, dass die Firmen in denen sie arbeiten, erfolgreich sind. Auf der Abnehmerseite erreichen dies, indem sie ihrer Firma dabei helfen,

  • Produkte zu entwickeln, die Kunden wollen
  • Produkte so zu gestalten, wie es die Kunden erwarten
  • Produkte so im Markt zu positionieren, dass die Kunden sie verstehen
  • Informationen zu Verfügung zu stellen, die den Kunden dabei helfen, mit diesen Produkten Nutzen zu erzielen

In ihrer internen Orientierung stellen sie sicher, dass sich ihre Firma

  • An den guten Kunden, d.h. den wichtigsten und rentabelsten Kunden ausrichtet
  • Ihre Projekte, Investitionen und Weiterentwicklungen auf die Bereiche zu fokussieren, in denen die Gewinnmargen am attraktivsten sind
  • Möglichst viele solcher Produktanforderungen ausblendet, die weder von den guten Kunden gewünscht sind, noch sich als rentierlich darstellen

Sustaining Technologies

Viele Technologien sind industrietragend, d.h. sie stellen den Stand des heutigen Wissens dar, und prägen die Angebote in einer gesamten Industrie.

Die folgende Grafik zeigt einen typischen Markt, und die Leistungsanforderungen die einzelne Zielkunden an die Produkte stellen. Es ist zu erkennen, dass die Leistungsanforderungen oft nach oben und nach unten wie folgt begrenzt werden:

  • Im Low-End durch die minimalen Anforderungen. Hierbei handelt es sich um Produktmerkmale, die auf jedem Fall erfüllt sein müssen, um zumindest die einfachsten Anforderungen abzudecken
  • Im High-End durch maximale Anforderungen. Dies sind die Produktmerkmale, die von den besonders anspruchsvollen Kunden erwartet und benötigt werden

Aus wirtschaftlicher Sicht sind oft die Kunden im High-End interessant, weil das Geschäft mit ihnen hohe Margen erlaubt. Hingegen ist der Low-End eines Marktes häufig sehr preissensitiv, und erlaubt auch nur sehr geringe Margen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele Unternehmen eine Hochpreisstrategie verwenden, und auf das High-End des Marktes abzielen.

Um bei dem oben eingeführten Beispiel aus der Fotoindustrie zu bleiben, ist es deshalb nicht verwunderlich, die filmbasierten Fotoapparate viele Jahre lang kontinuierlich weiterentwickelt worden sind, und dass diverse Firmen mit üppigen Margen in diesem Markt gelebt haben.

Der Produktmanagementansatz sorgt dafür, dass die Produkte die auf den sustainable Technologies basieren, so weiterentwickelt werden, dass ihre Leistungsfähigkeit in den Augen der profitablen Kundensegmente konstant zunimmt.

Durch den zunehmenden Absatz, und durch die Effekte der Lernkurve wird erreicht, dass die Kosten pro Stück abnehmen. Die konstante Weiterentwicklung befriedigt daher die Kunden, und beeinflusst zudem die Gewinnmarge positiv.

Etablierte Industrieführer sind offensichtlich besonders erfolgreich in diesem Prozess. Es liegt daher nahe zu vermuten, dass etablierte Industrieführer funktionieren müssen, wie Organismen, die

  • Permanent vorhandene Stärken ausbauen
  • Vorhandene Renditepotentiale erschliessen
  • Konstant ihre Kosten dadurch senken, dass sie Lernkurveneffekte nutzen
  • Ausblenden was nicht der Verbesserung ihrer Technologien dient

Wie wir gleich sehen werden, kann diese Stärke von Marktführern bei manchen Technologien allerdings auch zu einem Nachteil werden. Hierbei handelt es sich um die disruptiven Technologien (unterbrechende Technologien). Dies sind solche neuen Technologien, die die gegebenen tragenden Technologien obsolet machen.

Disruptive Technologies

Technologien sind dann disruptiv, wenn sie vollkommen neue Kundenpotentiale erschliessen. Die Vorgängertechnologien waren diesen Kunden nicht verfügbar, weil sie zu teuer waren, oder weil sie spezielle Kenntnisse erfordert haben, die diese Kunden nicht hatten. In ihrer Beginnphase zeichnen sich disruptive Technologien durch folgende Merkmale gegenüber der althergebrachten Technologie aus, d.h. sind aus der Sicht der etablierten Hersteller weniger erstrebenswert:

  • Geringere Gewinnmargen
  • Kleinere Zielmärkte
  • Einfachere Produkte und Services, die in ihrer Leistungsfähigkeit hinter der etablierten Technologie zurück bleiben

„Discovering markets for emerging technologies inherently involves failure, and most individual decision makers find it very difficult to risk backing a project that might fail because the market is not there.“  – Clayton Christensen, The Innovator’s Dilemma.

Wie man in der folgenden Grafik erkennt, können disruptive Technologien genau deshalb gefährlich sein für etablierte Industrieführer. Christensen nennt die folgenden Überlegungen:

  • In ihrem Bemühen die Angebote stets zu verbessern, tendieren viele Unternehmen dazu, die Produkte zu gut, und zu teuer, und zu komplex zu machen. Für viele Kunden überschreitet die Leistungsfähigkeit dieser Produkte ab irgendeinem Zeitpunkt die Maximalanforderungen, die sich an diese Produkte stellen
  • Aufgrund ihrer internen Struktur, tendieren die etablierten Hersteller dazu, die disruptiven Elemente wegzuoptimieren, da es bedeuten würde, dass sie in Wettbewerb treten müssten zu ihren eigenen, profitableren Produkten. Sie werden sozusagen in voller Rationalität blind gegenüber diesen neuen Technologien, und entschuldigen sich damit, dass die Leistungsfähigkeit ja noch weit hinter den üblichen Angeboten zurückbleibt
  • In ihrem Bemühen, die Produkte zu verbessern, die auf den disruptiven Technologien basieren, entwickeln die Hersteller die Leistungsparameter weiter.

Ab einem bestimmten Punkt, beginnen die Kunden, die neue Technologie zu adaptieren. Hat die Leistungsfähigkeit der disruptive Technology so weit zugenommen, dass auch High-End Anforderungen adressiert werden setzt ein Schwenk ein. Dieser Schwenk kann für den etablierten Hersteller existenzgefährdend sein, da sich nun neue Spieler im Markt befinden, und weil ihre eigene Technologieführerschaft gefährdet wird.


Im Beispiel der Filmindustrie war diese ebenfalls zu beobachten. Zunächst waren die ersten digitalen Kameras sehr teuer, und hatten eine geringe Leistungsfähigkeit, die wie hinter der Analogtechnik zurückblieb. Als die neue Technik sich weit genug entwickelt hatte, begannen die Konsumenten, die neue → Digitaltechnik zu adaptieren. Dies hat einige namhafte Hersteller in Bedrängnis gebracht in den Bereichen Foto, Film, oder auch Fotogroßlabor. Auch sind neue Hersteller entstanden, die vorher noch nicht in der Fotoindustrie tätig waren.

Weiterführende Literatur

und The Innovater’s Solution: Creating and Sustaining Successful Growth

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Folgeartikel zum Thema gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen.

In der Online Version des Artikels finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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