EmbeddedWorld 2020 – Connecting Embedded Intelligence #ew20

Moderiert von Prof. Dr.-Ing. Sikora, dem Chairman der embedded world Conference haben Prof. Dr. habil. Jana Köhler vom Deutschen Forschungzentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI GmbH) und Dr. Rikard König von der Ekkono Solutions AB auf der Messe über die Trends zum Thema „Embedded Intelligence“ diskutiert.

Connecting Embedded Intelligence

Moderiert von Prof. Dr.-Ing. Sikora, dem Chairman der embedded world Conference haben Prof. Dr. habil. Jana Köhler vom Deutschen Forschungzentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI GmbH) und Dr. Rikard König von der Ekkono Solutions AB auf der Messe über die Trends zum Thema „Embedded Intelligence“ diskutiert.

Der ebenfalls angekündigte Teilnehmer der Firma STMicroelectronics hat nicht teilgenommen, da sein Unternehmen die Messeteilnahme aufgrund des Corona Virus generell abgesagt hat.

Eine inhaltliche Weiterführung fand die Diskussion in einem Interview, das Prof. Köhler für die Messenews vom 27.02.2020 gegeben hat. Sie griff die Thematik auch in ihrer Keynote zum Student Day der embedded world am 28.02.2020 auf.

Die Welt 2020

Derzeit beschäftigen u.a. die folgenden Trends die Menschheit:

  1. Klimawandel
  2. Notwendigkeit zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs/ Einführung geschlossener Stoffkreisläufe
  3. Personalisierung von Diagnostik und Therapie von Krankheiten

Bei der Lösung dieser Trends verspricht man sich von intelligenten Systemen einen signifikanten Lösungsbeitrag.

Dabei dringen Lösungen der künstlichen Intelligenz zunehmend in den Bereich der eingebetteten Systeme vor. Viele Hersteller auf der Messe Hardware für KI und intelligente Anwendungen „on the edge“ gezeigt, und es waren auch die ersten marktreifen Lösungen zu sehen – das Thema scheint also Fahrt aufzunehmen.

Für die Verlagerung der Intelligenz in die Geräte sprechen viele Gründe. So sind viele Kunden zwar bereit, trainierte KI Modelle mit anderen zu teilen, schrecken jedoch davor zurück, ihre Daten allgemein zugänglich zu machen. Auf der einen Seite eröffnen intelligente Lösungen und Geräte viele neue Geschäftsanwendungen, und man verspricht sich sehr viel hiervon. Hierfür benötigt man Daten und Modelle.

Aus dem aktuellen Siegeszug intelligenter Anwendungen ergeben sich nach Meinung der Diskutanten allerdings auch eine große Anzahl von technischen, ökonomischen, sozialen und ethischen Fragestellungen, die teilweise noch nicht richtig gelöst sind.

Stand der KI

KI kann viel. Man war sich jedoch einig, daß die Leistungsfähigkeit der künstlichen Intelligenz derzeit oft überbewertet wird. Viele Anwender und auch einige Experten sehen die Menschheit kurz davor, eine Art universelle KI Intelligenz zu entwickeln.

Jedoch betonten die Diskutanten, daß die Verfahren – trotz aller Fortschritte – nach wie vor nicht so weit sind, und es ist auch nicht zu erwarten, daß sich dieser Zustand in den nächsten 20 Jahren ändern wird.

Die aktuelle KI ist gut für die Arbeit in geschlossenen Systemen und Problemstellungen geeignet (z.B Schach), scheitert jedoch nach wie vor bei Problemstellungen, die mit großer Unsicherheit behaftet sind.

Sie wird man innerhalb der nächsten 20 Jahre zwar sicherlich Fortschritte bei der erklärbaren KI sehen. Sicher wird man auch beobachten, dass KI in bestehende Maschinen Einzug hält, oder dass vollkommen neue, intelligente Produkte entstehen. Jedoch wird es nach wie vor viele ungelöste Probleme geben, die das menschliche Denken ausmachen, wie z.B. die Abstaktionsfähigkeit und das Denken in Analogien, zu denen das menschliche Denken in der Lage ist.

Statt an der generellen Superintelligenz zu arbeiten, hält es Prof. Köhler für sinnvoller, sich auf spezifische Systeme zu konzentrieren, die definierte Problemstellungen lösen. Vermutlich werden wir statt universeller Lösungen in der nächsten Zeit deshalb eher neue Produkte und Geräte sehen bei denen KI Verfahren ein integraler Bestandteil sind.

Herausforderungen

Wie die Anwendungen, ist die KI Forschung sicher noch nicht am Ziel angekommen. Um nur einige Beispiele zu nennen, lässt derzeit insbesondere auch die Energieeffizienz der heutigen KI Verfahren noch Raum für Verbesserungen – aktuell benötigen neuronale Netze während der Trainingsphase sehr große Energiemengen.

Je mehr Prozesse von intelligenten Lösungen übernommen werden, desto wichtiger wird es werden, daß Systeme erklären können, warum sie zu bestimmten Entscheidungen gekommen sind, und, wie sich Entscheidungen zuverlässig reproduzieren lassen. Hiermit haben aktuell viele Verfahren und Anwendungen der KI Probleme.

Man versucht aktuell KI in Systemen einzusetzen, in denen die Risiken und Kosten von Fehlentscheidungen groß sein können (z.B autonomes Fahren). Dabei fehlen aktuell noch Möglichkeiten, diese Risiken zu kontrollieren. Hiervon wird jedoch der Markterfolg abhängen.

Der gesamte Bereich der Ethik, und die Frage, wo die Grenze zwischen dem Menschen und der Maschine gezogen werden kann, befindet sich aktuell erst im Aufbau.

Aktuell ist es kaum möglich nachzuweisen, daß ein KI Modell korrekt arbeitet, und ab wann das Modell die Zone verläßt, in der es noch zuverlässig arbeitet. Daher kommt es auch auf die Beschaffenheit des umgebenden Systems an. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein Modellversagen nicht zum Systemversagen führt.

Man war der allgemeinen Meinung: Um solche und ähnliche Problembereiche angehen zu können, muss sowohl die Forschung, als auch die Industrie noch ihren Anteil beitragen.

Anforderungen an die Forschung

Die KI-Forschung steht vor folgenden grundlegenden Fragestellungen:

  • Steigerung der Energieeffizienz der Lernverfahren, indem einfachere Modelle eingesetzt werden, die mit weniger Daten auskommen, sowie Steigerung der Awareness in Bezug auf den Energieverbrauch generell, der mit KI und Digitalisierung verbunden ist.
  • Entwicklung von automatisierten Entwurfsverfahren, die mit weniger Datascience während der Modellentwicklung auskommen (entsprechende Qualifikationen sind derzeit ein großer Engpass, was sich auf absehbare Zeit auch nicht ändern wird).
  • Entwicklung von Verfahren, mit denen man besser abschätzen kann, ob die Daten ausreichend repräsentativ sind, um das Problem zu lösen. Insbesondere stellt derzeit die Datendrift noch ein großes Problem dar. Auch gibt es aktuell keine Verfahren, mit denen ein neuronales Netz erkennen kann, wann es den Datenbereich verlässt, in dem es zuverlässig funktioniert.
  • Verfahren, die es erlauben, Daten mutiger zu vergessen, um hiermit auch Probleme des Datenschutzes in den Griff zu bekommen.
  • Das Themengebiet „explainable KI“ wird ein wichtiger Forschungsbereich bleiben, und man wird ggf auch manchmal besser definieren müssen, wofür man KI Verfahren einsetzt, und wofür nicht. So gibt es mathematisch bewiesene, konventionelle (Optimierungs-) Verfahren, die bezüglich der Erklärbarkeit sehr viel mehr leisten können, als neuronale Netze – Prof. Köhler nannte hierbei die CP-SAT-Solververfahren, die sie für viele Problemstellungen einsetzt.
  • Entwurf von Verfahren, die den Einsatz von KI in sicherheitsrelevanten Anwendungen gestatten („dependable AI“).

Anforderungen an die Industrie

Die Industrie ist mindestens bei den folgenden Punkten gefragt:

  • Man sollte mehr über die langfristigen Folgen der ein gesetzten Technologien nachdenken, und statt an lokalen Problemen zu arbeiten, stets auch das globale Maximum mitbedenken.
  • Es sollte – auch von der Politik – definiert werden, wem die Daten gehören, die man für KI benutzt. Ist der Fahrzeughersteller der Besitzer der Sensordaten, oder gehören die Daten dem Produzenten der Komponenten, wie z.B dem Sensorhersteller, oder gehören sie dem Fahrzeugbesitzer?
  • Mehr Anstrengungen sind zu unternehmen, um Ressorcen- und Energieverbrauch der eingebetteten Systeme zu vermindern – Oft werden heute noch zu viele Sensoren eingesetzt, und viel mehr Daten erzeugt, als notwendig wäre.
  • Entwicklung von intelligenten Systemen und Hardware, die auch am Ende der Lebensdauer keinen nachteiligen Einfluss auf die Umwelt haben, oder Entwicklung von Technologien, wie z.B einem organischen Roboter, die ganz ohne die Müllproblematik auskommen.

Position Europas zwischen den AI Supermächten China und USA

Köhler und König waren sich auf Rückfrage aus dem Auditorium einig: Europa ist in Bezug auf die Forschung sehr gut aufgestellt, hinkt jedoch bei den Anwendungen hinterher. Hierbei beginnt das europäische Problem jedoch viel früher. Z.B verfügt Europa über keine Marktführer, wie z.B Google. Insgesamt müssen wir deshalb vorsichtig sein, keine zukünftigen Technologien und Märkte zu verlieren, und wir müssen Teil der globalen Kooperation bleiben.

Europas Chancen im Bereich der eingebetteten Systeme (Kombination aus Hard- und Software) sind demgegenüber sehr gut, oder auch was das maschinelle Lernen auf Geräten angeht. Jedoch fehlen uns auch hier Daten, wie sie Firmen, wie Facebook haben.

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Folgeartikel zum Thema gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen.

Quelle für das Artikelfoto: NuernbergMesse. Nutzung entsprechend der Regelungen für Pressearbeit zur Messe.

In der Online Version des Artikels finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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