Die zunehmende Digitalisierung beginnt langsam damit, die Wirtschaft zu ändern. War früher das Finanzkapital die entscheidende Größe, wurde es später der Mensch und heutzutage avanciert zunehmend die Software, beziehungsweise der Softwarecode zum wettbewerbsentscheidenden Element.
Die Wirtschaftswoche geht heute in ihrem Artikel „Code-Kapital-Der Software-Code wird zur entscheidenden Größe“ auf eine Änderung der Wettbewerbsbedingungen ein, die sich im Zuge der Digitalisierung immer konkreter abzeichnet.
Insbesondere heißt es dort:
„Einst waren Finanzressourcen die mächtigste Kapitalkraft, heute steuert Code-Kapital branchenübergreifend Wirtschaft und Gesellschaft. Aufwachen!
Denn durch die vermehrte Vernetzung von künstlich intelligenten Technologien und gigantischer Datenanalysen wird diese Kapitalmacht stetig wachsen. Ob Neuland oder Nimmerland, technische Disruption und digitale Transformation charakterisieren das Code-Kapital. Und das Zepter liegt bei denen, die die Codes schreiben, und ihren Auftraggebern. Wie sollen wir damit umgehen?“
Daß sich die Intelligenz zunehmend aus der Hardware in die Software verlagert kann man heutzutage an vielen Stellen sehen. Vor 15 Jahren gab es Schallplatten – heutzutage kann Musik digital gehandelt und konsumiert werden. Früher gab es mechanische Fahrzeugmotoren. Heutzutage bestehen solche Motoren aus sehr viel Regelungselektronik und Software, die wesentliche Aufgaben des Systems „Motor“ übernimmt.
Eine solche Entwicklung zeichnet sich auch auf anderen Gebieten ab, bis hin zur Softwareerstellung selbst. Vor 10 Jahren wurde Software mühsam manuell geschrieben, heute hat die künstliche Intelligenz ihre Renaissance erlebt, und übernimmt viele der alten Programmiertätigkeiten, bzw. macht sie obsolet.
Man kann die angesprochene Rolle der Software jeden Tag beobachten.
Doch, wie damit umgehen?
Daß diese Entwicklung Einfluss auf die Frage hat, wie wir arbeiten werden, liegt auf der Hand. Auch dürfte klar sein, daß sich Unternehmen vollkommen neue Wege überlegen müssen, wie sie wettbewerbsfähig bleiben.
Eher subtil sind die folgenden beiden Punkte:
Der Zugang zum Internet definiert, inwieweit Länder, Firmen und Menschen überhaupt an der Digitalisierung mitwirken und von ihr profitieren können. Wenn die Zugangsmöglichkeiten ungleich verteilt sind, kann es zu Asymmetrien bei der Teilhabe einzelner Gruppen kommen – mit den entsprechenden wirtschaftlichen Konsequenzen.
Die „Studie zu Internetzugängen – Regierungen diskriminieren auch digital“ hat gezeigt, daß Minderheiten, und benachteiligte Volksgruppen weltweit oft vom Internet ausgeschlossen sind, wie die Zusammenfassung suggeriert:
„Einer Studie zufolge haben politisch benachteiligte ethnische Minderheiten seltener Zugang zum Internet. Den Autoren zufolge spielen die jeweiligen Regierungen eine Schlüsselrolle bei der Frage, wer ins Netz darf und wer nicht. Sie untersuchten dafür über einen längeren Zeitraum aktive Subnetzwerke. Die größte Herausforderung bestand darin, alternative Erklärungen wie ungleicher wirtschaftlicher Status unter den Gruppen auszuschließen.“
Hier wurde die Problematik in der politischen Dimension untersucht. Eine solche Asymetrie besteht aber z.B. auch zwischen den verschiedenen Einkommengruppen, oder zwischen bildungsfernen und gebildeten Bürgern, d.h sie besteht auch ungewollt innerhalb einer Gesellschaft.
Das Zitat zeigt, daß einem diese digitale Lücke nicht egal sein kann.
Je weiter Software in den Alltag vorrückt, und je mehr wir uns auf ihre Entscheidungen verlassen, desto wichtiger wird die Frage, ob Software ausgewogen ist. Wie der Artikel „Online-Schönheitswettbewerb – Der Algorithmus ist Rassist“ darlegt, bestehen berechtigte Zweifel, daß dies wirklich so ist.
Dort wollte man eine Software einsetzen, um den Auswahlprozess bei Schönheitswettbewerben zu verbessern, und hat festgestellt, daß der Algorithmus hauptsächlich weiße Frauen als schön bewertet hat. Ursache hierfür war, daß die Software hauptsächlich von weißen Menschen gemacht worden ist, und dass man Minderheiten viel zu wenig in die Entwicklung mit einbezogen hat.
D.h Software, Softwareerstellung und Chancen hängen zusammen. Und für manche negative Entwicklung kann insbesondere die fehlende Diversität in den Tech-Firmen verantwortlich gemacht werden, wie das folgende Zitat zeigt:
„Die fehlende Diversität in Tech-Firmen, die sich ihren Produkten, einschließlich der KI zeigt, könnte in Zukunft zu einem noch viel größeren Problem werden – beispielsweise wenn Algorithmen zur Kriminalitätsprävention eingesetzt werden. In den USA ist das schon heute gängige Praxis: Algorithmen entwerfen einen „Risiko-Score“, der die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene erneut straffällig wird, beziffern soll. Schwarze wurden in diesem Zusammenhang deutlich häufiger fälschlich als Risikofälle eingestuft, ergab eine Studie von ProPublica.
Software wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor. Man muss deshalb rechtzeitig aufpassen, daß man niemanden ungewollt von diesen Chancen abkoppelt.
Manche Weichenstellung wird dabei in den Softwarefirmen selbst gelegt, oder in den einzelnen Teams, die Software erstellen.
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Folgeartikel zum Thema gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen.
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