Adaptive Innovation

Die Designfirma Ideo hat neulich einen interessanten Kurzartikel zum Thema Adaptive Innovation veröffentlicht.

Startpunkt der Methode ist die Feststellung, daß

  • Viele große Firmen jahrelang forschen, bevor sie ein neues Produkt herausbringen (hier können sich die Kundenanforderungen bereits grundlegend geändert haben)
  • Viele kleine Firmen beide Aufgaben (forschen und produzieren) gleichzeitig erledigen, was sich nicht für jeden Firmentypen eignet.

Adaptive Innovation wird als Methode gesehen, mit der man zielgerichtet zwischen den Phasen „Lernen“ und „Bauen“ wechseln kann, um so die Strategie stückweise an die Marktgegebenheiten anpassen zu können (siehe weiterführende Links am Artikelende).

Grundidee

Laut →Adaptive Innovation: Create, Learn, Repeat gibt es die folgenden vier Faktoren, die eine Firma adaptive machen. Jeder Faktor wird in dem erwähnten Artikel mit einem Zitat belegt:

1. Purpose (“We’re here to put a dent in the universe.” – STEVE JOBS)

2. Pace (“Everyone has a plan, ‘till they get punched in the mouth.” —MIKE TYSON)

3. Pulse of the market (“We evolve genres by making games free, social, accessible, and of the highest quality.”—MARK PINCUS)

4. Prototyping(“Practicing is better than knowing” —XUN ZI)

Zweck und Ziel

Zunächst einmal sollte jede Firma einen Zweck haben, der treffend beschreibt, für was die Firma steht, bzw man sollte sich über diesen Zweck und das „warum“ klar werden. Man muss sich also als Organisation sehr genau überlegen, warum man auf dem Markt ist, und welchen wirklichen Vorteil man Kunden und potentiellen Kunden mit den eigenen Leistungen erbringen will.

Ein solches Bild, vereinfacht jedem Mitarbeiter der Firma das Treffen von Entscheidungen – schliesslich kennt jeder das Wertgerüst, das die Firma verkörpert, und das sich hinter diesem Selbstverständnis verbirgt.

Der Autor zitiert Apple, dessen Unternehmenszwecks schon immer darauf bestanden hat, möglichst gute Produkte herzustellen. Ein anderes Beispiel wäre die Firma Porsche, die letztendlich für sportliche Automobile steht.

Ergänzend wäre natürlich wichtig, daß man darauf achtet, daß dieser Zweck nicht zu abgehoben oder weltfremd ist. Schließlich geht es hauptsächlich darum, dass sich jeder in der Firma und im Markt mit dem Zweck identifiziert.

Geschwindigkeit

Der Autor zitiert einen interessanten Spruch der Alpinisten, der da besagt „Geschwindigkeit ist alles“. Man benötigt also als Firma die Fähigkeit, schnell hintereinander Produktiterationen herauszubringen.

Für Produkt-Owner und ProduktmanagerInnen heißt das, daß es bei der Arbeit eher darum geht, schnell, in kleinen Schritten voranzukommen, als jahrelang auf den großen Wurf hinzuarbeiten. Demnach sind zum Beispiel lange Spezifikationen „out“, und kurze User Stories sind „in“.

Hier haben ganz klar auch solche Entwicklungsmethoden den Vorzug, die in der Softwareindustrie mit „agilen Methoden“ bezeichnet werden. Gerade habe ich gelesen, daß die agile User Group Rhein Main einen Vortrag veranstaltet, wo die agilen Methoden in Industrieunternehmen vorgestellt werden, d.h. auch dort ist die Methode möglich.

Marktnähe

Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, daß sie relativ marktnah arbeiten.

Um dies zu erreichen, ist es meiner Meinung nach wichtig, seine Produkte so herauszubringen, dass man Rückmeldungen von Kunden erhält, die dann wieder in die Verbesserung fliessen. Am schönsten wäre es natürlich, wenn diese Rückmeldungen direkt bei den Mitarbeitern landen würden, die sich mit der Entwicklung dieser Produkte beschäftigen. Dies ist jedoch nicht einfach.

Die Review-Meetings, die man üblicherweise zum Ende eines Sprints veranstaltet, sind gute Möglichkeiten, internen Feedback zu bekommen. Analoge Vorstellungsrunden kann man sich natürlich auch mit externen Kunden vorstellen.

Alternativ ist es möglich, Beta-Programme aufzulegen. Hier werden grobe Konzepte vorgestellt, und die potentiellen Nutzer werden eingeladen, Feedback zu geben. Beispielsweise sind viele Softwareprodukte der Firma Adobe mit dieser Methode entstanden.

Feedback sollte aber auch aus einer eher strategischen Richtung kommen. Beispielsweise ist es für ProduktmanagerInnen sinnvoll, die Presseberichte zu beobachten, die im eigenen Fachgebiet veröffentlicht werden. Ferner sollte man sich aber auch mit Trends und Informationen beschäftigen, die nicht unmittelbar im eigenen Spielfeld stattfinden (viele Trends entstehen in anderen Industrien als der eigenen Sparte).

Prototyping

Der Autor des oben erwähnten Artikels hält das Prototyping für einen weiteren wichtigen Punkt. Dies kann ich nur unterstreichen.

Früher und oft sehr aufwändige Modelle gebaut, heutzutage reichen vielen Entwurfsmethoden sogar schon selbst gebastelte Papiermodelle, mit denen man direkt eigene Hypothesen in der Praxis prüfen kann.

Nehmen Sie diesen Blog. Angefangen hat es 2009 mit einem handschriftlichen ersten Konzept, auf Papier, und ein paar Ideen im Kopf. Nach und nach habe ich damals inspirierende Beispiele gesammelt, und Einzelelemente des eigenen Konzepts ausprobiert, bis ich irgendwann eine Version hatte, bei der sich die Umsetzung zu lohnen schien. Erst dann ging es an den Computer.

Das erste Redesign fand wenige Wochen nach Go-Live statt. Letztendlich hatte ich mit wenigen Lesern genug Erfahrungen gesammelt, um zu wissen, wo damals die Schwachpunkte des ersten Konzepts waren. Die zweite Interaktion war dann schon wesentlich professioneller. Inzwischen habe ich mehrere Jahre Erfahrungen, mit diesen Erfahrungen mein „Produkt“ stetig ausgebaut.

In der Produktentwicklung (vorausgesetzt, man hat die Kapazität), ist es sinnvoll, solche Iterationen sehr schnell zu machen, da letztendlich der Umstellungsaufwand mit der Zeit zunimmt, und auch die Lösung sich zu festigen beginnt.

Fazit

Meiner Meinung nach sind agile Methoden, wie Sie der Autor des oben erwähnten Artikels einführt, genau das, was man benötigt, um innovative Produkte zu entwickeln.

Wieder ein Beweis dafür, dass Innovation weitaus mehr ist, als „Ideen“. Der viel interessantere Teil ist die Umsetzung, beziehungsweise das Finden der Organisationsform, die die Umsetzung unterstützt.

Damit steht für mich erneut fest: Jedermann kann Innovationen hervorbringen, er sollte sich nur daran gewöhnen, daß er stets offen gegenüber der Umwelt bleibt.

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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