Zeitkriege – Kampf um die Zeit der Verbraucher

Heute geht es um einen Zukunftstrend, den der Zukunftsforscher Opaschowski in seinem Buch „Deutschland 2030 – wie wir in Zukunft leben“ beschreibt. Er nennt diesen Trend „Zeitkriege – Kampf um die Zeit der Verbraucher“, und meint damit den folgenden Zusammenhang:

Auch Konsum konsumiert Zeit. Wer in Zukunft höhere Konsumansprüche stellt, leidet schnell unter dem Gefühl von Zeitknappheit… Im gleichen Maße, wie die Produktivität der Arbeitszeit steigt, versuchen sie auch die Konsumzeit zu steigern und immer mehr in der gleichen Zeit zu erleben. Konsumwünsche werden miteinander kombiniert….. Auf diese Weise nimmt die Konsum-Produktivität zu, aber die freie Verfügbarkeit von Zeit ab…..

Er sieht daraus den folgenden Trend erwachsen:

Die Perspektive zeichnet sich für die Zukunft ab: Die chronische Zeitnot der Konsumenten kann zu einem grundlegenden Wettbewerbswandel führen: Zeitkriege… in denen auch um die Zeit (und nicht nur um das Geld) der Verbraucher gekämpft wird, werden Wirtschaft und Handel im 21. Jahrhundert prägen.

Dies bedeutet letztendlich, daß sich Märkte verändern, hin zu Sinnmärkten, die den Kunden neben den reinen Produkten auch Sinn liefern müssen, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Da Innovationen ja aus guten Ideen bestehen, die von realen Kunden nachgefragt werden, sind solche Änderungen in den Käuferpräferenzen zu wichtig, als daß man sie übersehen sollte.

Microsoft calling

Was das Prinzip der chronischen Zeitnot praktisch bedeutet, kann man – in ähnlichem Zusammenhang – sehr schön in dem folgenden Artikel aus der New York Times nachvollziehen: → Microsoft Calling. Anyone There?

Dort geht es um die schlechte Leistung der Firma Microsoft im Bereich seiner Consumerproduktsparte, die sich dadurch auszeichnet, daß neuentwickelte Produkte häufig nicht den erhofften Kundenzuspruch erhalten.

Ein wichtiger Grund hierfür ist, daß Microsoft die Aufmerksamkeit von wichtigen Softwareentwicklern verloren hat, oder, wie es dort heißt:

Part of its problem may be that its ability to intrigue and attract software developers is also waning, which threatens its ability to steer markets over the long term….Meanwhile, young technology companies today rely on free, open-source business software rather than Microsoft’s products, so young students, soon to be looking for jobs, have embraced open-source software as well. “Microsoft is totally off the radar of the cool, hip, cutting-edge software developers,” said Tim O’Reilly, who publishes a popular line of software development guides.

Diese Entwicklung hat anscheinend schleichend eingesetzt, und ist in den Anfängen von Microsoft sicher übersehen worden.

Noch vor 10 Jahren waren Lizenzen für Microsoftprodukte zum Beispiel sehr teuer. Richtige Studentenangebote gab es nicht. Auf der anderen Seite sind an vielen Stellen Open Source Entwicklungsprojekte gestartet, sodaß bald auch gute, kostengünstige Alternativen zur Verfügung standen. Dies hat dazu geführt, daß viele Studenten ihre Erfahrungen mit den freien Softwarepaketen gesammelt haben, und sich so immer weiter von Microsoft entfernt haben.

Kurz gesagt: Es hat verkaufspolitische und strategische Entscheidungen gegeben, die dafür gesorgt haben, daß Microsoft die Aufmerksamkeit verloren hat.

Apple und die übrigen Hipster unserer Zeit

Microsoft hat den Markt lange beherrscht. Bis heute sind Wettbewerber entstanden, deren Produkte mit offenen Armen aufgenommen werden, wie zum Beispiel die Firma Apple, oder die Firma Google. Diese Firmen stehen mit ihren Produkten derzeit im Zentrum des Interesses. Die Frage ist, was diese Firmen anders machen.

Für mich sind mindestens die folgenden Punkte wichtig:

  • Produkte ganzheitlich verstehen

Nehmen Sie zum Beispiel den iPod. Dieser besteht aus der Hardware, aber eben auch der iTunes-Plattform für Musik, und neuerdings auch Software. Die iTunes Plattform ist aufgebaut, wie eine Plattform für Entwickler, die es denen gestatten, an dem Erfolg der Plattform auch finanziell zu partizipieren.

Dieses Prinzp schafft ein Gesamtsystem. Jeder Systemteilnehmer hat dabei ein vitales Interesse daran, daß sich die Plattform weiterentwickelt.

  • Offene und permanente Kommunikation

Gute Produkte alleine reichen nicht. Heutzutage ist es vielmehr auch wichtig, eine Fangemeinde um diese Produkte zu versammeln. Die Firma SAP tut dies zum Beispiel über das „Software Developer Network“, an dem jeder teilnehmen kann, der fachlich an den Produkten interessiert ist.

Oder nehmen Sie den Bildertauschdienst Picasa von Google, der es Menschen erlaubt Ihre Fotos einem breiteren Publikum zur Verfügung zu stellen. Wieder andere bieten kostenlose Applikationen für das iPad an, und sind so immer sichtbar.

  • Einfachheit

Wenn Kunden nur noch wenig Zeit haben, und die wenige Zeit so nutzen, daß sie den Konsum zeitlich verdichten, und intensivieren, ist es natürlich immer wichtiger, daß die Produkte einfach aufgebaut sind, und konsumiert werden können (zumindest an der Oberfläche). Apple Produkte mit Ihren einfachen Nutzeroberflächen sind hierfür ein gutes Beispiel, oder aber auch die neuen Fahrzeugcockpits in modernen Mittelklassewagen.

  • Vertrauen schaffen

Wenn Kunden nach einem erfolgten Kauf an Sie und Ihre Produkte zurückdenken, ist es wichtig, daß sie genug Vertrauen haben, den nächsten Kauf wieder bei Ihnen zu tätigen. Gerade die sozialen Medien, wie Blogs, Twitter, etc können es sehr einfach machen, sich eine loyale Kundenbasis aufzubauen. Ganz wichtig ist hierbei allerdings, daß Sie mit Ihrer Webstrategie den Ratschlägen der Experten folgen: potentielle Kunden wollen keine Werbung, sondern Partizipation.

Weiterführende Informationen

… auf www.Produkt-Manager.net

In dem folgenden Artikel finden Sie weiterführende Informationen → Buchbesprechung Wikinomics (Die Revolution im Netz).

Kontakt

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links:

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