Im Forbes Magazin ist neulich einen Artikel erschienen, der die CEOs der Firmen Microsoft und Amazon verglichen hat. Etwas provozierend wird dort die These vertreten, daß der eine CEO in der Vergangenheit verhaftet ist, und der andere zukunftsorientiert ist. Während die eine Haltung als Problem gesehen wird, wird in der Zukunftsorientierung etwas Positives gesehen.
Aus der höheren Profitabilität von Amazon folgert der Artikel den theoretischen Hintergrund. Nämlich behauptet er, daß Kunden, und Analysten in der Vision interessiert sind, und nicht in vergangenen Erfolgen.
Ist dies wirklich so? Wir werden die Frage heute sicher nicht komplett beantworten können, jedoch können wir sie zumindest einmal ansprechen.
Der interessanteste Teil des Artikels →Leadership Matters – Comparing Ballmer to Bezos and Lessons You Should Learn steht ganz unten. Dort wird (verkürzt) behauptet, daß Markt, Analysten und Mitarbeiter nicht interessiert sind in vergangenen Erfolgen, sondern, daß sie wissen wollen, welche Zukunftsversion die Firma hat. Echte Visionäre müssen Markttrends erkennen, und sie müssen in Gebieten investieren, die das Wettbewerbsumfeld ändern. Sie dürfen nicht auf vergangenen Erfolgen stehenbleiben.
„They want to know how the company is going to be successful in 2 or 5 years. In today’s rapidly shifting, global markets it is not enough to talk about historical results, and to exhibit confidence that what brought the company to this point will propel it forward successfully. And everyone recognizes that managing quarter to quarter will not create long term success.
Leaders must demonstrate a keen eye for market shifts, and invest in opportunities to participate in game changers. Leaders must recognize trends, be clear about how those trends are shaping future markets and competitors, and align investments with those trends. „
Bezos von Amazon wird für seine Zukunftsvision gelobt, und gleichzeitig wird Balmer für sein Verharren in den vergangenen Erfolgen kritisiert.
Ich würde zu behaupten wagen, daß kaum ein Unternehmen lange damit auskommt, nur in der Vergangenheit verhaftet zu sein. Vielmehr wird es eine Firma, die keine zukünftigen Trends auffasst, schwer haben, lange am Markt zu bleiben.
Hätte beispielsweise Daimler-Benz die Automobiltechnik nicht weiterentwickelt, würden wir heute vielleicht immer noch in Oldtimern fahren. Allerdings wäre es wahrscheinlicher gewesen, daß Wettbewerber aufgetaucht wären, die andere Produkte und Trends definiert hätten. Ich glaube fast, daß eine Firma, die stehen geblieben wäre, es nicht geschafft hätte, bis heute erfolgreich zu bleiben. Wir würden daher vermutlich andere Fahrzeuge nutzen.
Insofern ist es schon wichtig, zukünftige Trends aufzunehmen, und den Blick in die Zukunft zu richten, statt sich nur darauf auszuruhen, was man bereits erreicht hat. Auch aus meiner Sicht hat der Artikel an dem speziellen Punkt recht.
Ob das Wettbewerbsumfeld aber eine so überragende Bedeutung hat, wie in dem Artikel dargestellt? Ich bin mir nicht sicher. Normalerweise entwickeln sich Märkte nämlich eher in Schüben und Wellen, als, daß sie sich permanent umformen. Konkret existieren daher Phasen der Veränderung, und es existieren Phasen der Konstanz in denen andere Themen wichtig werden.
In den frühen Phasen eines Marktes geht es darum, erst einmal einen Markt zu schaffen. Das passiert, indem man Markttrends aufnimmt, und sich überlegt, wohin sich der Markt in der nächsten Zeit entwickeln wird. Aus diesem Wissen leitet man sich eine Idee über die Anforderungen ab, und kann so beginnen, sein Produkt zu gestalten.
Normalerweise ist es nicht einfach, gegen etablierte Wettbewerber anzutreten. Insofern tut man sich am leichtesten damit, die Momente abzuwarten, in denen sich die Markttrends ändern. Als etabliertes Unternehmen tut man also gut daran, die Markttrends zu erkennen, genauso, wie ein Unternehmen, das neu in den Markt eintritt.
Nach der ersten Phase kommen Produkte jedoch in eine Phase, in der eher die Abrundung im Vordergrund steht. Hier ist es dann nicht wichtig, dem neuesten Trend hinterherzulaufen. Vielmehr dient diese Phase dazu, die Qualität zu verbessern, und die Kosten zu senken. Nicht zuletzt gibt es deshalb in der klassischen Portfoliotheorie den Unterschied zwischen den Rising Stars (aufstrebende Produkte), und den Cash Cows (die etablierten Produkte, die das Geld verdienen).
Ohne genauen Einblick in die Firmen zu haben, ist es schwer zu sagen, welche Strategie im Vordergrund steht. Jedoch kann es auch einfach sein, daß Microsoft eher dabei ist sich zu konsolidieren, und Amazon eher dabei ist, neue Wachstumsfelder zu erschliessen. Ein reiner Vergleich der beiden Unternehmen reicht damit nicht aus, um zu beurteilen, welcher Ansatz generell erfolgreicher ist.
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