Unter dem Titel „The strength of ‘weak Signals’“ ist bei McKinsey in der Rubrik Insights & Publications eine hilfreiche Studie erschienen, die Sie nicht verpassen sollten.
Die Hauptthese der Studie ist, daß es aufgrund der Informationsfülle im Internet ganz einfach ist, schwache Signale zu übersehen, die größere Änderungen ankündigen. Dies könnte jedoch ein großer Fehler sein.
Die Autoren der Studie (siehe den Link in den „weiterführenden Informationen„) zeigen, wie man das Grundproblem der schwachen Signale umschifft, und sie geben einige Beispiele aus ihrer Beraterpraxis, die ich ergänzen will.
Vermutlich hat jeder Fachmann schon beobachtet, daß viele große (technologische) Änderungen zunächst leise daherkommen, bevor sie irgendwann Fahrt aufnehmen.
Das liegt oft daran, daß normalerweise (nur) wenige Verbraucher damit beginnen, ein vollkommen neues Produkt zu verlangen, weil ihnen herkömmliche Produkte nichts bringen. Hierbei handelt es sich meistens um die Verbraucher, denen eine bestimmte Problematik auf den Nägeln brennt, während andere Verbraucher die Problematik nicht kennen.
Generell dauert es dann seine Zeit, bis sich neue Trends und Produkte entwickeln und herumsprechen, und bevor man darüber allgemein in der Zeitung lesen kann.
Der oben genannte erste Bedarf äußert sich oft in einem „schwachen Signal“, sofern man als Firma in der Lage ist, den Bedarf wahrzunehmen. Der letztgenannte Bedarf kennzeichnet ein Signal, das schon so stark geworden ist, daß es andere, schwächere Signale überlagern kann.
Schwachen Signale werden wohl heutzutage oft nur zufällig wahrgenommen, wie die Autoren der Studie behaupten. Der Nutzen einer frühzeitigen Wahrnehmung wird jedoch immer mehr erkannt:
„Sometimes, companies notice them during data-analytics number-crunching exercises. Or employees who apply methods more akin to art than to science might spot them and then do some further number crunching to test anomalies they’re seeing or hypotheses the signals suggest. In any case, companies are just beginning to recognize and capture their value.“
Die Autoren der Studie schlagen mehrere Maßnahmen vor, um solche schwachen Signale systematisch zu erkennen. Neben der Einbeziehung des Top Managements sehen sie im Zuhören und Verbinden einen entscheidenden Schritt.
Dabei behaupten sie, daß solche Signale überall sind, es aber wichtig ist, genau festzulegen wann und wo man die Antennen ausfährt:
„Weak signals are everywhere, of course, so deciding when and where to keep the antennae out is critical. One such situation involves a product, market, or service that doesn’t yet exist—but could.“
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, daß man Kunden beobachtet, die gerade erst damit beginnen, die eigenen Produkte auszuprobieren:
„It’s also useful to search for weak signals when customers start engaging with products or services in new, tech-enabled ways, often simply by sharing perceptions about a company’s offerings and how they are using them.“
Jedoch reicht es nicht, die schwachen Signale wahrzunehmen. Man muss nach ihrer Meinung auch dafür Sorge tragen, daß die Produktentwicklung hiervon erfährt, und, daß diese Signale in den Entwurf neuer Produkte einmünden.
Mich wundert die Behauptung ein wenig, daß es sich beim Thema „schwache Signale“ um ein neues Thema handeln soll. Ich persönlich kenne dieses Thema bereits seit vielen Jahren und sogar noch aus Zeiten, in denen das Internet nicht sehr weit verbreitet war.
Auch werden gelegentlich Produktentwickler zitiert, die besonders sensitiv für schwache Signale waren, und damit viel Erfolg hatten – Steve Jobs ist wohl ein Beispiel für einen solchen Entwickler.
Doch wie kommt man am Einfachsten an schwache Signale. In meiner jüngeren Praxis hat sich bei mir eine Strategie bewährt, die auf den Möglichkeiten des Internets aufbaut, und die gleichzeitig den persönlichen Kontakt miteinbezieht.
Ich beispielsweise lese im Zusammenhang mit diesem Blog unterschiedliche Publikationen, bzw, was es wohl besser trifft, „ich verfolge sie“. An die Leselisten komme ich dabei ganz einfach über die Möglichkeiten des sozialen Internets, indem ich mich beispielsweise in Newsletter einschreibe, oder indem ich andern Fachleuten „folge“ (Twitter, Facebook, RSS, etc).
Um die vielen Informationen auszuwerten, nehme ich mir morgens und mittags regelmäßig die Zeit, die Überschriften und Einleitungen durchzusehen, oder interessante Informationen direkt zu lesen. Relevante Artikel lege ich intern ab, und durchsuche diese Ablage regelmäßig, um die Themen zu gruppieren.
So komme ich oft an Neuigkeiten, die man noch nicht in der Breite der Publikationen findet. Beispielsweise entstand lange Zeit ein (zunächst) schwaches Signal rund um das Thema „wearable computing“ (am Körper tragbare Computer), das heutzutage schon häufiger zitiert wird (siehe die unten verlinkten Artikel).
Besonders gute Erfahrungen habe ich hierbei mit eher unbekannten Blogs gemacht. Im Falle des wearable computing beispielsweise haben hierzu schon diverse Bastler vor Jahren ihre ersten Versuche im Internet dokumentiert – noch lange bevor Google die Datenbrille herausgegeben hat, oder Apple die neue Uhr nachgesagt wurde. Zu dem Zeitpunkt war das Thema sicher im Stadium des „schwachen Signals“.
Eine andere Möglichkeit ans schwache Signale zu kommen, sind Nutzergruppen. Dabei sind persönliche Besuche und Gespräche hilfreich, um neue Trends zu identifizieren. Dies stellt jedoch suche eine aufwendige Methode dar.
Eine gute und weniger aufwendige Methode sind „Communites of Interest„, d.h. Fachforen im Internet, in denen sich reale Nutzer austauschen. Hier nehme ich entweder selbst teil, indem ich mich an Diskussionen beteilige, oder ich durchsuche gelegentlich das Internet nach einzelnen Stichworten, die mir aufgefallen sind. Oft landen diese Suchen dann in einer Community.
Beim Thema „wearables“ zum Beispiel landet man durch eine einfache Suchanfrage schnell bei den relevanten Leuten.
Diese beiden Beispiele zeigen, daß beim Thema „schwache Signale“ mindestens die folgenden Themenbereiche wichtig sind:
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Folgeartikel zum Thema gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen.
In der Online Version des Artikels finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: