Apple hat neulich zwei iPhone-Linien neu veröffentlicht, die auch im Hinblick auf die Gesetze der Preisfindung ein interessantes Konzept darstellen.
Vereinfacht gesagt, gibt es nun eine etwas einfachere Linie (iPhone 5c) sowie die Linie mit den Spitzenmodellen (iPhone 5s). Wie üblich sind die einzelnen iPhones einer Linie mit unterschiedlichem Speicherausbau (und Preis) zu haben. Die beiden Produktlinien selbst unterscheiden sich technisch, aber auch im Hinblick auf den Preis.
Dabei fällt auf, daß die etwas preiswertere Linie im Vergleich zum Spitzenmodell relativ teuer ist. Zumindest handelt es sich nicht um die erwartete Einsteigervariante für preisbewusste Kunden.
Viele halten dieses Preismodell für sehr intelligent gemacht. Heute gebe ich Ihnen einige Literaturfundstellen an die Hand, die Ihnen diesen Punkt verdeutlichen.
In ihrem Artikel „Was Sie von Apples Preispolitik lernen können“ (Sie finden diesen, und alle weiteren Links am Ende des Artikels) schreibt Andrea Maessen im Harvard Business Manager über das Thema. Sie ist Senior Partner bei der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners, und bemerkt über die Apple’s Preispolitik:
Der Preisvorteil des Einsteigermodells scheint bislang noch zu gering, als dass es zu einer Kannibalisierung, also zu einer Verdrängung des 5S durch das 5C kommen könnte. Genau in dieser vordergründig zu niedrigen Preisdifferenzierung liegt aber die Intelligenz der Apple-Preisstrategie. Die Premium-Preispositionierung des 5S steht nicht in der Diskussion, gilt als gesetzt und wird von den Kunden akzeptiert.
Ein Kommentator ergänzt einen Erklärungsansatz, den Dan Ariely näher erforscht hat:
Natürlich ist Apples Preispolitik intelligent, neu ist sie allerdings nicht. Dan Ariely hat in seinem Buch „Predictably Irrational: The Hidden Forces that Shape Our Decisions” sehr anschaulich beschrieben, dass der Absatz eines Produktes steigt, wenn als Alternative ein erkennbar schlechteres Produkt bei niedriger oder keiner Preisdifferenzierung angeboten wird.
Dan Ariely befaßt sich mit der Verhaltensökonomie, und war auch hier schon ein Thema. Er ist ein anerkannter Spezialist, der sich mit der Frage auskennt, wie die menschliche Psychologie vorgeht, wenn sie wirtschaftlich orientierte Entscheidungen trifft.
Den konkreten Ansatz zur Preisfindung finden Sie in seinem Buch, aber unter dem Titel „Decoy Pricing“ ebenfalls in dem Artikel „Three Predictably Irrational Pricing Strategies That Get the Sale“ vom The Marketing Blog.
In seinen Versuchen verwendet Ariely drei Produktvarianten mit unterschiedlichen Preisen, wobei die teuerste Variante, die Variante ist, die der Kunde kaufen soll. Man bietet ihm nun eine Variante an, die etwas preiswerter ist, aber in den Leistungsmerkmalen sehr stark abfällt (Variante 2). Als die dritte Variante bietet man ein ähnliches Produkt an, das jedoch nicht das leistet, was der Kunde sucht, welches aber dasselbe kostet, wie die Variante 1.
Er zeigt, daß in dieser Konstellation die Variante 2 wie ein Marker funktioniert, der dafür sorgt, daß die Verbraucher sich einfacher für die teuerste Variante entscheiden (können).
Psychologisch geschieht dies dadurch, daß die Verbraucher sich selbst gegenüber argumentieren können, daß die teure Variante eigentlich ein Schnäppchen sei, weil sie nur etwas mehr koste, wie das Mittelpreismodell, aber sehr viel mehr könne. De dritte Variante fällt dadurch aus, daß sie einen schlechteren Wert bietet, aber sich im Preis kaum Unterscheidet.
In seinem (älteren) Artikel „Product and Pricing Strategies“, der auf der Website von Pragmatic Marketing veröffentlicht ist, geht Daniel Shefer auf unterschiedliche Preisfestsetzungsstrategien ein.
Zu der originären Behauptung, daß die Preisfestsetzung der Apple iPhones 5C u.a. dazu dient, den Preis des teuren Modells zu schützen, schreibt der Autor, daß der wahrgenommene Wert eines Produktes eine exzellente Waffe gegen den Preisverfall sein kann – die geringen Preisunterschiede zwischen der 5C Linie und der 5S Linie gehen in diese Richtung:
Perceived value is the additional value that the prospect attributes to your product regardless of its intrinsic value. … Creating perceived value is an excellent defense against product commoditization. Successful brands are able to prevent price erosion and demand a price premium by creating and maintaining brand value. Tom Peters has said, ‚In an increasingly crowded marketplace, fools will compete on price. Winners will find a way to create lasting value in the customer’s mind.‘
Die Preisstrategie von Apple zeigt bei diesen Smartphone-Modellen zweifellos einige Elemente, die dazu dienen, den wahrgenommenen Wert des teuren iPhones aus Käufersicht zu vergrößern. Insofern hat die Preisfestsetzung sicherlich einige der vermuteten Element in Sachen Preisstabilität.
Demgegenüber wirkt es aber nicht richtig als Marker im Sinne von Ariely – hierfür fehlt das dritte Angebot, daß ähnlich viel kostet, wie das teure Gerät, das jedoch Merkmale aufweist, die es unattraktiv macht für Kunden.
Wenn man sich allerdings die Verkaufszahlen näher ansieht, fällt auf, daß das preiswerte iPhone sehr wohl auf Nachfrage stößt. Auch spricht es, der Werbung nach zu urteilen, andere Kundengruppen an, als die teure Linie. Daher kann bestritten werden, daß das Produkt und die Preisfestsetzung alleine vor dem Hintergrund gemacht wurde, das teure Modell zu schützen, bzw. Kannibalisierung zu vermeiden.
Das Original dieses Artikels ist auf →Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Regelmäßige Artikel gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen. In der Online Version finden Sie hier die versprochenen weiterführenden Links: