Der Business Case für das Social Entrepreneurship

Calestous Juma analysiert in seinem neuen Buch Innovation and Its Enemies: Why People Resist New Technologies die Historie der letzten 600 Jahre, um herauszufinden, wie Leute zu Unterstützern einer neuen Technologie werden.

Innovationsfeindlichkeit

Der Autor zeigt, daß es keine neuzeitliche Erscheinung ist, wenn Innovationen auf Ablehnung stoßen, sondern, daß dies schon immer vorgekommen ist. Bei vielen dieser Innovationen ist es dann erst später zu einem Durchbruch bei der Akzeptanz gekommen, und die abgelehnten Neuigkeiten wurden erst dann von einer großen Konsumentenschar benutzt. Dies muss aber nicht immer so sein.

Er argumentiert, daß hinter dieser Entwicklung eine Gesetzmäßigkeit steht. Menschen lehnen neue Technologien immer dann besonders heftig ab, wenn diese unsere Menschlichkeit ersetzen will, statt sie zu erweitern, wie er es ausdrückt.

Er zeigt dieses Prinzip an unterschiedlichen Beispielen, wie der Erfindung des Mobiltelefons. Auch, was er mit dem Begriff der „Menschlichkeit“ meint, zeigt er an diesem Mobiltelefon.

Von dem sagt er, daß die ersten Versionen so groß und teuer waren, daß sie speziell von jungen Leute nicht als Erweiterung ihrer Persönlichkeit wahrgenommen wurden, und daher abgelehnt oder sogar aktiv bekämpft wurden.

Andere Gründe für eine ablehnende Haltung der Bevölkerung sind für ihn:

  • Die Mehrheit geht davon aus, daß der Nutzen aus der neuen Technologie nur einer kleinen Elite zugute kommt, während die Risiken von der Allgemeinheit getragen werden.
  • die Menschen gehen davon aus, daß die Risiken der neuen Technologie kurzfristig anfallen, der Nutzen aber erst für spätere Generationen relevant sein wird.

Ausweg

Er meint, daß der Ausweg aus diesem Dilemma in dem liegt, was man heutzutage als „social entrepreneurship” versteht, und zwar, indem man das Unternehmertum wieder sozial macht:

„What is the way forward? The answer might lie in the much-abused phrase “social entrepreneurship”. For many, this term is a euphemism for a charity or nongovernmental organization. But what is really needed is to bring the “social” back into “entrepreneurship”.

This means exploring new ways by which enterprises can be seen as contributing to the common good. The fact that enterprises use new technologies to enhance their competitiveness makes it difficult for the general public to separate technology from its uses – for better or for worse.“

Meinung

Insgesamt ein interessantes Buch. Meiner Meinung und Erfahrung nach stimmt der dargestellte Ansatz im Prinzip, jedoch nicht immer – und es kommt sehr auf die Innovation an.

Beispielsweise wäre die Verbreitungsgeschwindigkeit des mobilen Telefons nicht nur deshalb anders gewesen, nur weil man den Kunden klargemacht hätte, daß ein Telefon der Gesellschaft etwas geben hätte. Auch hätte es nichts geändert, wenn soziale Unternehmen das Thema getrieben hätten.

Initial waren solche Telefone schlicht zu wenig entwickelt und zu teuer, um auf Interesse zu stoßen. Hinzu kommt, daß jeder Haushalt ein Festnetztelefon hatte, und Telefonzellen überall zur Verfügung standen, d.h man brauchte dieses Gerät nicht unbedingt. Teuer und „unnötig“ sind genau die Produkte, die eben nicht gekauft werden, oder nur von den Leuten, die sowieso Zuviel haben.

Anders sieht es vielleicht bei dem Thema der automatisierten Fertigung aus. Die ersten Bemühungen, das industrielle Internet der Dinge zu implementieren, liefen in den 1980iger Jahren unter dem Titel „Computer Integrated Manufacturing“.

Diese Bemühungen sind u.a. deshalb gescheitert, weil man den Menschen von den kommenden vollautomatischen Fertigungsbetrieben vorgeschwärmt hat, während die nur verstanden haben, daß in Zukunft die Arbeit von Computern gemacht wird, und sie selbst arbeitslos werden.

Hier war das Problem weniger, daß eine „nützliche“ Technologie am Start war, die zu teuer war, sondern hier war es eine für den Laien „bedrohliche“ Technologie, der auch niemand die Bedrohlichkeit nahm.

Lediglich zu überlegen, welchen sozialen Beitrag das eigene Unternehmen leistet, reicht demnach nicht. Man muss auch überlegen, welche technologischen, menschlichen, und sonstigen Nebenwirkungen die eigene neue Technologie hat.

Manchmal läßt sich die initiale Ablehnung auflösen, z.B. wenn es klarer wird, daß neue Technologien anders sind, als die schlimmsten Befürchtungen. Und manchmal ist es auch gut, daß es Ablehnung gibt, z.B. weil sie das berechtigte Interesse der Mehrheit zum Ausdruck bringt.

Weiterführende Informationen

Das Original dieses Artikels ist auf Der Produktmanager erschienen (©Andreas Rudolph). Folgeartikel zum Thema gibt es über die (→Mailingliste), oder indem Sie →mir auf Twitter folgen.

Bildquelle: Messe München

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